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Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein

Foto: APA/Jäger

Standard: Vor drei Jahren bekamen Sie als Einstandsgeschenk zum EU-Ratsvorsitz Österreichs eine handfeste Gaskrise zwischen Russland und der Ukraine. Sehen Sie heute Parallelen zu damals?

Bartenstein: Das war damals wie heute nicht völlig überraschend. Der Gaspreisstreit hat Dezember 2005 wie Dezember 2008 mit russischen Forderungen an die Ukraine begonnen. Überraschend ist, dass Russen und Ukrainer aus der Gaskrise 2006 offensichtlich nichts gelernt haben. Ich dachte, dass Gasprom und die russische Führung sich weltweit einen schweren Imageschaden geholt haben, weil sie die Gaswaffe ins Spiel gebracht hatten.

Standard: Damals war die Krise schnell beendet.

Bartenstein: Vor drei Jahres war es möglich, dass direkte Telefonkontakte von mir und (OMV-Chef Wolfgang, Anm.) Ruttenstorfer mit Alexander Medwedew, der Nummer zwei der Gasprom, die Beendigung der Gaskrise innerhalb von 24 Stunden herbeigeführt haben.

Standard: Wie ging das so rasch?

Bartenstein: Medwedew hatte und hat zur OMV und zu Wien sehr enge Kontakte. Wir saßen damals beim Neujahrskonzert - auf Einladung Wolfgang Schüssels -, Angela Merkel, Günther Verheugen (EU-Industriekommissar) und Janez Jansa (Sloweniens Ministerpräsident), und da kam per SMS die OMV-Meldung über den sinkenden Gasdruck. Einmal mehr gab es den Zusammenfall mit einem Kälteeinbruch. Die Gasprom fährt am Limit mit ihren Lieferungen, auch wenn sie das nicht zugibt. Dazu kommen die gegenseitigen Beschuldigungen und die technischen Voraussetzungen. Es gibt nur eine Leitung, die durch die Ukraine führt, die Pipeline "Druschba" (Bruderschaft). Die Ukraine reagiert damals wie heute auf die Lieferreduktionen Russlands, indem sie das für Europa bestimmte Gas abzweigt.

Standard: Die tschechische Präsidentschaft gab sich bisher nicht besonders einsatzfreudig.

Bartenstein: Die tschechische Präsidentschaft ist, höflich gesagt, zurückhaltend. Die Kommission ist unterwegs. Ich meine aber, der Energiekommissar, wenn nicht sogar Kommissionsschef Barroso selbst, müssten auf höchster Ebene bei Juschtschenko/Timoschenko und (Dmitri) Medwedew/Putin jetzt eingreifen. Weil jetzt brennt der Hut. Dass die Gaslieferungen de facto auf null sind, das ist um ein Stück dramatischer als 2006.

Standard: Raiffeisen hatte 2006 treuhändisch die Anteile an der gemeinsamen Gashandelsgesellschaft für die ukrainische Seite gehalten, wobei die Hintergründe nicht sehr transparent waren.

Bartenstein: Ich musste auch in Brüssel persönlich erklären, dass Raiffeisen absolut seriös ist. Die Treuhandschaft ist meines Wissens aber heute aufgelöst. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7.1.2008)