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Die Spuren des August-Kriegs bleiben: Zerstörte Häuser zeugen in der südossetischen Hauptstadt Zchinwali von den Kämpfen.

Foto: AP Photo/Kirill Tulin

Wien - Die Zeichen der Entspannung sind spärlich und mitunter widersprüchlich: ein Besuch eines russischen Gesandten für internationale kulturelle Zusammenarbeit in Tiflis, ein 45-minütiges Gespräch des georgischen Patriarchen mit Russlands Präsident in Moskau im Dezember, eine Predigt desselben Patriarchen zum orthodoxen Weihnachtsfest am Mittwoch, die wiederum als Kampfansage ausgelegt wird. Georgien wolle Frieden, „aber nicht um den Preis der Aufgabe unserer Gebiete", fasste Michail Saakaschwili, der umstrittene Präsident der Kaukasusrepublik, nach dem Kirchenbesuch zusammen.

Zugleich müht sich nun Griechenland, das zum Jahreswechsel die Präsidentschaft der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa übernommen hat, ein neues Mandat für eine Mission der OSZE in Georgien auszuhandeln. An Russlands Veto war kurz vor Weihnachten zumindest eine technische Verlängerung der jetzigen Mission gescheitert, deren Mandat am 31. Dezember auslief. Die rund 180 Mitarbeiter sollten seither mit der Schließung ihrer Mission beschäftigt sein, doch der Glaube an eine Einigung mit Moskau hält sich. Russland will den anderen 55 Mitgliedsstaaten der OSZE die Anerkennung der Unabhängigkeit von Südossetien und Abchasien abzwingen, den zwei Separatistenprovinzen, um die Russland und Georgien im August vergangenen Jahres Krieg geführt hatten.
„Georgien braucht ein starkes Russland, ebenso wie Russland ein vereintes und glückliches Georgien braucht", hatte Ilia II., der georgische Patriarch, nach seiner Begegnung mit dem russischen Präsidenten Dmitri Medwedew erklärt. Der Patriarch gilt als Brückenbauer zwischen den beiden Staaten, aber auch die Regierung des neuen georgischen Premierministers, des dritten innerhalb eines Jahres, und insbesondere die Ernennung von Grigol Waschadse, eines früheren sowjetischen Diplomaten, zum Außenminister lassen mehr Bereitschaft zum Gespräch mit Moskau erwarten.

Grigol Mgalobischwili, der neue, 35 Jahre alte Regierungschef, wird diese Woche von einer medizinischen Untersuchung in Deutschland zurückerwartet. Mgalobischwili, der über Müdigkeit klagte, soll ein Nierenleiden haben. Die georgische Presse spekulierte schon über seine Ablösung, nachdem über einen Wutanfall des Präsidenten berichtet worden war: Saakaschwili soll seinen Premier einen Hieb versetzt und ein Handy nach ihm geworfen haben.
Georgiens Staatschef zeigte sich in seiner Neujahrsansprache auch gewohnt selbstbewusst. Georgien sei heute näher an einer Nato-Mitgliedschaft als vor dem russischen Angriff, behauptete Saakaschwili unter anderem. Am Freitag will Außenminister Waschadse jedenfalls in Washington eine Charta über eine strategische Partnerschaft mit den USA unterzeichnen; Kiew tat dasselbe. Die Charta wird als eine Art Trostpreis für den Aufschub des Nato-Beitritts verstanden. Ähnlich politisch-militärische Abkommen schließt Moskau auch mit Südossetien und Abchasien ab. Ein neues Mandat der OSZE in der Region soll deshalb die Konflikte stabilisieren und auf lange Sicht lösen. Allerdings ist dies der Organisation schon in den vergangenen 16 Jahren ihrer alten Mission nicht eben gelungen. (Markus Bernath, DER STANDARD, Printausgabe, 8.1.2009)