Apple-Vizepräsident Phil Schiller erklärt Apple zur DRM-freien Zone

Es war eigentlich nur eine Fußnote zum Schluss einer eineinhalbstündigen Präsentation neuer Produkte. Aber mit großer Tragweite: Apple wird seinen gesamten Musikkatalog künftig ohne Kopierschutz verkaufen. Bei acht von insgesamt zehn Millionen Musiktiteln des iTunes-Store wurde am Dienstag der Kopierschutz (DRM, Digital Rights Management) entfernt, der Rest des Angebots soll bis Ende März ungeschützt angeboten werden. Dies erklärte Apple-Vizepräsident Phil Schiller, der Apples Keynote bei der diesjährigen Macworld bestritt. Wie berichtet, hatte Apple-Chef Steve Jobs aufgrund einer Erkrankung seine Teilnahme abgesagt.

Der iPod-Hersteller hatte den konsumentenfreundlichen Verzicht auf Kopierschutz schon vor rund zwei Jahren von seinen Musiklieferanten gefordert. Allerdings folgte damals nur EMI dem Aufruf, während die anderen großen Labels ihre Musik nur Amazon zum kopierschutzfreien Download überließen. Jetzt gab Apple an einer anderen Front nach, um den Kopierschutz über Bord werfen zu können: Künftig wird es statt eines einzigen Preises - 99 Cent für einen Titel, 9,99 Euro oder Dollar für ein Album - drei Preiskategorien geben: Weiterhin das 99/9,99- Modell, ein 79/7,99-Schema für ältere Musik, und 1,29/12,99 für Neuerscheinungen; festgelegt werden die Preise von den Anbietern.

Musik einkaufen via iPhone

Die kopierschutzfreie Musik („iTunes Plus") wird auch in besserer Qualität als bisher angeboten; wer will, kann gegen 30 Cent pro Titel vorhandene kopiergeschützte Musik gegen die neue Version upgraden.

Außerdem kann der iTunes _Store künftig auch über das Mobilfunknetz am iPhone zum Einkaufen benutzt werden: Bisher war dies nur möglich, wenn das _iPhone über Wi-Fi (Wireless LAN) mit dem Internet verbunden war. In den USA ist Apple inzwischen mit sechs Milliarden verkauften Titeln zum größten Musikhändler aufgestiegen, vor Wal-Mart und Best Buy, erklärte Schiller.

Der iTunes-Ankündigung ging eine Palette neuer Produkte voran.

Allerdings in wesentlich bescheidenerem Ausmaß als in den vergangenen Jahren. 2007 stellte Apple bei der Macworld sein iPhone als Einstieg in den Mobilfunkmarkt vor; 2008 zog Jobs das MacBook Air aus einem dünnen Kuvert, ein extrem flaches und leichtes Notebook. Heuer gab es in erster Linie „Modellpflege": neue Versionen von Apples Mediensoftware iLife und dem Office-Paket iWork sowie ein wesentliches Upgrade für sein größtes Notebook, das Macbook Pro mit einem 17-Zoll-Schirm.

Die Software iLife 09 (bei neuen Macs mitgegeben, ansonst 79 Euro bzw. 49 Euro bei einem Upgrade von einer früheren Version), Apples zentrale Mediensoftware für Fotografie, Video, Webseiten, eigene Musik- und DVD-Produktion, zeigt eine Reihe interessanter Neuerungen: So verfügt das Fotoprogramm nunmehr über eine Gesichtserkennung, mit der die gesamte Fotosammlung nach Personen durchsucht werden kann.

Das Videoprogramm iMovie, weiterhin sehr einfach zu bedienen, hat eine Fülle professioneller Bearbeitungsmöglichkeiten hinzugefügt, darunter auch eine nachträgliche Bildstabilisierung. Das Musikprogramm Garage Band bietet nun auch die Möglichkeit zum Selbststudium von Gitarre oder Klavier durch anschauliche Lektionen, die von prominenten Musikern wie Sting oder Norah Jones gegeben werden. Künftig wird es (im Programm integriert) auch die Möglichkeit geben, weitere Lektionen und Lektionen für weitere Instrumente dazuzukaufen (4,99 Euro).

Versiegelter Macbook-Akku

Apples leistungsfähigstes Notebook, das Macbook Pro mit 17-Zoll-Bildschirm, enthielt nunmehr das Upgrade, das den anderen Modellen bereits im Herbst verpasst wurde, mit einem aus einem soliden Alublock in einem Stück gefrästen Gehäuse. Geteilte Reaktionen wird wohl der neue Akku des Geräts hervorrufen: Um die Kapazität zu erhöhen, ohne das Notebook größer zu machen, hat Apple den Akku maßgeschneidert in Hohlräume eingepasst - was dazu führt, dass der Akku nicht vom Benutzer gewechselt werden kann. Dafür verspricht Apple eine achtstündige Laufzeit sowie tausend Ladezyklen, etwa das dreifache der derzeit üblichen Akkus. Dies reduziere auch die Umweltbelastung, erklärte Schiller. (Helmut Spudich  aus San Francisco, DER STANDARD Printausgabe, 8. Jänner 2008)