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Wenn Marc Minkowski dirigiert, gibt es Leidenschaft, Virtuosität und brisante Tempi.

 

 

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"Ich gebe nicht gern Interviews", sagte Marc Minkowski bei einem, das er doch gab. "Ich lasse lieber die Musik sprechen." In der Welt der Töne ist der 46-jährige Dirigent aus Paris äußerst beredt, schenkt jeder Stimme im Orchester Gehör, formt Gespräche ohne Worte.

Erster "Lehrer" Minkowskis war das Instrument, auf dem seine musikalische Laufbahn begann: "Das Fagott verkörpert ganz wunderbar das Theater." Der Sohn einer Ärztedynastie - der Vater war Mediziner in Paris, "mein Großvater Eugène Minkowski war Psychiater in der Schweiz" - musizierte unter William Christie, Philippe Herreweghe oder John Eliot Gardiner in den berühmtesten Ensembles der Alten Musik. Der Wunsch, zu gestalten, drängte Minkowski zum Dirigieren. Das Handwerk lernte er bei Charles Bruck an der Pierre Monteux Conducting School in den Vereinigten Staaten.

1982, mit 20 Jahren, gründete er in Paris sein eigenes Ensemble, Les Musiciens du Louvre. "Am Beginn habe ich diese Sache für ein leichtes Spiel gehalten", äußerte er sich zu den Anfängen der Orchesterarbeit. Später habe sich daraus ein eigener Zweck entwickelt "mit einem wahrhaftigen Willen zur Perfektion." Dennoch darf nichts wie eine Maschine ablaufen, "wenigstens ein bisschen Improvisation" muss Platz haben. "Es braucht absolute Schönheit, es braucht aber auch Gewalttätigkeit und Zärtlichkeit, Sorglosigkeit. Musik lebt aus dem Kontrast und den Extremen."

Die Virtuosität und wandlungsfähige Artikulation seiner Musiker können Minkowskis Anforderungen gerecht werden. Manche sind bei Reinhard Goebels Musica Antiqua Köln in die Lehre gegangen. 1996 übersiedelte das Ensemble nach Grenoble, tat sich mit dem dortigen Kammerorchester zu den Musiciens du Louvre-Grenoble zusammen.

Als Spezialist für französische Barockmusik, als Kämpfer für die Werke Lullys und Rameaus, als Kenner der Opern Händels und Glucks hat sich Minkowski ursprünglich einen Namen gemacht. Sein Repertoire ist längst breiter. Das Debüt an der Opera de Paris gab er 1996 mit Mozarts Idomeneo. Auch bei den Salzburger Festspielen stellte er sich, 1997, mit Mozart vor, der Entführung aus dem Serail. 2001 kehrte er wieder, dirigierte die heftig umstrittene Neuenfels-Inszenierung der Fledermaus. Impulsiv dirigierte er an der Nederlands Opera Wagners Fliegenden Holländer und an der Deutschen Oper Berlin Meyerbeers Robert le Diable.

Die Lust an Extremen und Kontrasten führt Minkowski immer wieder ans Pult "moderner" Orchester. Ob beim Debüt mit den Berliner Philharmonikern oder beim Neujahrskonzert mit der Staatskapelle Dresden, ob beim Cleveland Orchestra, beim City of Birmingham Orchestra oder bei den Wiener Symphonikern - Minkowski zwingt die Musiker, ausgetretene Klangpfade zu verlassen.

Zur Mozartwoche kommt er mit dem eigenen Ensemble. Mit Mozarts Haffner-Serenade und einem Oboenkonzert des jung verstorbenen Mozart-Zeitgenossen Ludwig August Lebrun haben Minkowski und seine Musiciens du Louvre-Grenoble alles in der Hand, Publikum wie Kritiker zum Schwärmen zu bringen. "Es ist ein federnder Traum in Musik, den diese Musiker träumen - dabei blitzwach und im Wissen um die Verlässlichkeit des eigenen Könnens am Instrument." (Petra Haiderer / DER STANDARD, Print-Ausgabe, 8.1.2009)