Einst über lange Jahre als proprietäres Unix geführt hat Sun Mitte 2005 mit der Freigabe von Solaris als Open Source begonnen. Ein Unterfangen, das sich zunächst als eher mühsam erwies, und entsprechend nur auf begrenztes Interesse der Open Source Community stieß.

Unterstützung

Doch gar so schnell wollte man das Open Solaris-Projekt nicht wieder in der Versenkung verschwinden lassen, also schnappte sich Sun im Jahr 2007 den Debian-Gründer Ian Murdock und krempelte die Organisation hinter dem freien Betriebssystem um. Als Vorbild erkor man sich Ubuntu, ebenso leicht zu installieren und betreiben wie die beliebte Linux-Distribution soll Open Solaris künftig sein - und so vermehrt auch am Desktop zu einer ernsthaften Alternative zu Linux-Systemen zu werden.

Probleme

Ein Ziel, das man mit dem ersten Ergebnis dieser frischen Anstrengungen noch nicht ganz erreichen konnte, all zu viele Ecken und Kanten wies das Mitte 2008 veröffentlichte Open Solaris 2008.5 noch auf. Vor wenigen Wochen dann die Freigabe einer neuen Version: Open Solaris 2008.11 verspricht zentrale Verbesserungen für das freie Unix.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Als Installationsmedium steht eine Live-CD für 32-Bit-x86-Rechner auf der Projektseite zum  Download - andere Architekturen unterstützt man derzeit noch nicht. Das ISO-Image umfasst dabei gut 687 MByte, alternativ gibt es um ein paar MByte mehr noch ein "globales" ISO für Open Solaris 2008.11, das weniger gebräuchliche Sprachvarianten unterstützt. Für eine deutschsprachige Installation tut es aber auch die Standard-Ausführung.

Platte

Wie von Ubuntu und anderen Linux-Distributionen gewohnt, befindet sich auf besagter Live-CD ein Installer, nach dem Ausprobieren des neuen Systems lässt sich dieses also flugs auf die Platte bannen. Der Installer erweist sich dabei - wie schon beim Vorgänger - als eine der Stärken von Open Solaris, in wenigen, einfachen Schritten ist das System rasch aufgesetzt.

Partition

Vor allem das Partitionierungswerkzeug ist im Vergleich zu den eher mühsam zu benutzenden Tools so mancher Linux-Distribution erfreulich simpel gehalten. Freilich ist es hier auch ohne weiteres möglich, den Vorschlägen des Installers zu vertrauen, so man denn keine komplexerer Aufteilung der eigenen Platte für mehrere Betriebssystem vorhat.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ein grundlegendes Problem, das schon in der Vorgängerversion bemäkelt wurde, hat man allerdings auch mit der neuen Release nicht zufriedenstellend beseitigen können. Wurden bei Open Solaris 2008.5 Linux-Partitionen gleich ganz ignoriert, so werden diese nun zumindest zum Teil erkannt.

Zusammengefasst

Allerdings werden dabei alle erweiterten Partitionen zu einem großen, gemeinsamen Block zusammengefasst, wer das freie Unix also neben Linux betreiben will - und ihm keine ganze Platte zur Verfügung stellt - muss die Partitionierung meist weiterhin an anderer Stelle vornehmen, etwa mit fdisk.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Der weitere Verlauf der Installation fällt eher in die Kategorie "triviale Aufgaben": Nach der Angabe der eigenen Zeitzone darf noch die Systemsprache gewählt werden und ein UserInnen-Account angelegt werden. Die Einrichtung des Root-Passworts darf natürlich auch nicht fehlen.

Überblick

Abschließend werden die Eckdaten noch einmal übersichtlich präsentiert, bevor das eigentliche Aufspielen der Pakete  beginnt. Auf den Testrechnern war Open Solaris dabei ein gutes Stück langsamer als aktuelle Linux-Distributionen, angesichts der Einmaligkeit dieses Vorgangs allerdings ein zu verschmerzender Umstand.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Noch vor einer Installation empfiehlt sich der Blick auf das "Device Driver Utility", das ebenfalls mit der Live-CD ausgeliefert wird. Erlaubt dieses doch schon vorab zu prüfen, welche der eigenen Hardwarekomponenten von Open Solaris korrekt erkannt und unterstützt werden.

Hardware

Für Open Solaris 2008.11 verspricht Sun eine deutliche Verbesserung der Hardwareunterstützung, eine Behauptung die zumindest auf unseren Testrechnern nicht wirklich untermauert werden konnte. So machten auf einem der Systeme exakt die selben Komponenten Schwierigkeiten, wie schon bei der Vorgänger-Release. Unerfreulicherweise waren dabei auch wieder beide Netzwerkkarten, (3COM 3C920B-EMB und ein Nforce2-Controller) - ein echter Ausschließungsgrund für Open Solaris.

Ausprobiert

Etwas mehr Glück auf einem aktuellen Thinkpad-Laptop, hier funktionierte immerhin der Ethernet-Zugang, der aktuelle Intel WIFI Link 5100/5300 Chipsatz muss hingegen ungenützt bleiben. Alles Komponenten, die mit aktuellen Linux-Distributionen problemlos ihren Dienst verrichten, bei der Hardware-Unterstützung hat Open Solaris also weiterhin einigen Aufholbedarf.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Der Desktop unterscheidet sich auf den den ersten Blick nur in Details von aktuellen Linux-Distributionen, kein Wunder: Kommt doch hier der GNOME zum Einsatz, der auch in der Linux-Welt stark verbreitet ist.

Versionen

Konkret wird der GNOME 2.24 geboten und somit die aktuellste stabile Release der Software. Ein deutlicher Schritt in Richtung verstärkter Aktualität, bei Open Solaris 2008.5 mussten die BenutzerInnen noch mit dem leicht veralteten GNOME 2.20 auskommen (damals war GNOME 2.22 die relevante stabile Veröffentlichung)

Look

Sun hat die Oberfläche allerdings mit einem eigenen Look angepasst, dies betrifft sowohl das Theme als auch die verwendeten Icons. Beides ist dabei durchaus ansprechend gelungen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Ein Schwerpunkt der Entwicklung von Open Solaris 2008.11 waren weitere Verbesserungen im Bereich Paketmanager. So wurden etwa die Suchfunktionen überarbeitet, auch das Softwareinstallationstool hat einigen Feinschliff erfahren.

Updates

Der wichtigste Fortschritt ist aber zweifelsfrei die Integration eines grafischen Update Managers. Im Look unverkennbar an das entsprechende Tool von Ubuntu angelehnt, lassen sich hier recht einfach aktualisierte Programmversionen einspielen. Über die etwaige Verfügbarkeit von Updates wird im Panel informiert.

Erweitern

Der eingeschränkte Platz auf einer Live-CD bedingt es bereits: Von Haus aus wird bei Open Solaris nur ein recht  begrenztes Set an Anwendungen installiert. Wer mehr will, kann aber natürlich über den Paketmanager das eine oder andere Programm hinzufügen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Eine mit den großen Linux-Distributionen vergleichbare Vielfalt an Programmen sollte man sich hier allerdings nicht erwarten. Auch wenn Sun aktuell einige Anstrengungen zur Erweiterung des Softwareportfolios unternimmt, vermisst man noch vieles.

Extra

Ein Schritt zur Erweiterung des Angebots ist die mit Open Solaris 2008.11 vollzogene Einführung eines speziellen "Extra"-Repositorys. Hier befinden sich Komponenten, die man aus Lizenzgründen nicht direkt in das Open Source-Softwareangebot integrieren kann.

Begrenzt

Dessen Einrichtung ist derzeit allerdings derzeit mit nicht unerheblichen Hürden verbunden: So müssen die BenutzerInnen einen Sun Online Account anlegen und dort ein eigenes Zertifikat anfordern, das dann den Zugriff auf das entsprechende Angebot - nach einer umständlichen Einrichtung in der Kommandozeile - für ein Jahr lang erlaubt.

Screenshot: Andreas Proschofsky

All das freilich nur, wenn das Repository zuverlässig funktioniert, in den Open Solaris-Foren finden sich jedoch zahlreiche Berichte von Problemen beim Zugriffen. Schwierigkeiten, die wohl durchaus unter Kinderkrankheiten verbucht werden könne.

Flash

All zu viel sollte man sich vom Extras-Repository derzeit aber ohnehin noch nicht erwarten. Wirklich relevant sind momentan lediglich die Sun-eigene Virtualisierungslösung Virtualbox und ein Paket für den Flash-Player, damit Youtube und Co. auch unter Open Solaris problemlos funktionieren.

Medial

Passend zum Thema sei darauf hingewiesen, dass es mit der Multimedia-Unterstützung des freien Unix von Haus aus eher mau aussieht - die von Linux auch bekannten lizenzrechtlichen Probleme geben hier den Ausschlag. Allerdings ist bei Ubuntu und  Co. die nachträgliche Einrichtung der entsprechenden Codecs wesentlich einfacher als bei Open Solaris, hier hat Sun noch einiges an Arbeit vor sich.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bei einem von Sun geleiteten Projekt darf natürlich auch OpenOffice.org nicht fehlen, immerhin hat das Unternehmen die Office-Suite nicht nur einst als Open Source freigegeben, sondern beschäftigt heute noch ein Gros der daran arbeitenden EntwicklerInnen.

Einrichtung

So lässt sich die aktuelle Version 3 der Software über den Paketmanager nachinstallieren - auf die Live-CD hat das Ganze wohl aufgrund des großen Umfangs nicht mehr gepasst. Paradoxerweise hinkt damit Open Solaris trotzdem den meisten Linux-Distributionen hinterher, verwenden diese doch das GoOO-Build-System, das einige zusätzliche Funktionen mit sich bringt - etwa Support für VBA-Makros, 3D-Animationen in der Präsentationskomponente oder GStreamer-Unterstützung für Medien-Dateien.

Aktuell

An der Aktualität der enthaltenen Komponenten gibt es sonst allerdings wenig auszusetzen. So ist etwa auch der Firefox in der aktuellen 3.0.x-Generation mit dabei, das offizielle Sun Java darf natürlich auch nicht fehlen. Wozu allerdings sowohl das Mail-Programm Thunderbird, als auch der für die selbe Aufgabe gedachte Evolution von Haus aus auf die Platte wandern, bleibt unklar.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Freilich bietet Open Solaris auch das eine oder andere Alleinstellungsmerkmal, das das Betriebssystem von der Linux-Konkurrenz absetzen soll. Allen voran verweist man dabei immer wieder auf Suns Dateisystem ZFS, das mit seinen Fähigkeiten den unter Linux gebräuchlichen Dateisystemen tatsächlich einiges voraus hat.

Zeit

Mit Open Solaris 2008.11 beginnt man nun damit, diese Vorteile auch in für DurchschnittsbenutzerInnen relevante Features zu verwandeln. So hat man den GNOME-eigenen File Manager Nautilus um eine "Time Slider" genannte Funktion erweitert.

Nutzen

Damit benutzt Open Solaris die Snapshot-Funktion von ZFS um regelmäßig automatische Backups der lokalen Daten anzulegen. Anhand einer Zeitlinie lässt sich dann in die Vergangenheit eines Verzeichnisses zurück wandern und alte Zustände einer Datei wieder herstellen. Eine äußerst nützliche Funktion, die man in Zukunft noch deutlich erweitern will, etwa durch Unterstützung für externe Platten und Netzwerk-Devices.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bei anderen zentralen Unterschieden zu Linux steigt Open Solaris hingegen momentan noch nicht ganz so gut aus. Neben dem bereits erwähnten Problembereich der Hardwareunterstützung sind auch die Stromsparfunktionen noch nicht ähnlich gut ausgebaut.

Vergleiche

So verbraucht so ein aktueller Open Solaris Desktop derzeit einige Watt mehr als ein Linux-System - ein Umstand, der sich vor allem bei Laptops in Form von kürzerer Akku-Laufzeit bemerkbar macht. Eine Problematik, die dem Hersteller wohl durchaus bewusst ist, hat man hier doch für die aktuelle Release einige Optimierungen vorgenommen, wirklich große Fortschritte sind dabei allerdings noch nicht zu bemerken.

Suspend

Schwierigkeiten hat Open Solaris derzeit auch noch mit der Suspend-Funktionalität, diese funktioniert derzeit nur mit ausgewählter Hardware. Dazu kommt ein spürbare höherer Speicherverbrauch im Vergleich zu Linux.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Einige der größten Neuerungen fallen denn auch in den Bereich des Aufholens gegenüber einem Linux-Desktop. Neben dem Update Manager sticht dabei vor allem die Verbindung des GNOME-Netzwerk-Applets mit dem eigenen Solaris Auto Magic positiv heraus, was das Netzwerk-Management erheblich vereinfacht. Etwas gewöhnungsbedürftig derzeit allerdings noch, dass die WLAN-Benutzung in ein eigenes Applet ausgelagert wurde.

Erkennung

Verbesserungen auch beim Drucker-Management: Lokal angehängte Drucker werden jetzt automatisch erkannt und zur Konfiguration vorgeschlagen. Netzwerkdrucker müssen hingegen weiterhin manuell konfiguriert werden, dies mit dem etwas umständlichen Solaris Printer Manager (siehe letztes Bild).

Suche

Während bei Linux - bis auf openSUSE - die meisten großen Distributionen mittlerweile wieder davon abgegangen sind von Haus aus eine Desktopsuche zu installieren, so ist eine solche bei Open Solaris 2008.11 Default-mäßig aktiviert. Konkret handelt es sich dabei um Tracker, und somit wohl um keine schlechte Wahl: Während das Mono-basierte Beagle kaum mehr weiterentwickelt wird, investieren mittlerweile einige Unternehmen - wie etwa Nokia - kräftig in Tracker.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Mit Open Solaris 2008.11 macht das von Sun gesponserte freie Unix deutliche Fortschritte gegenüber der Vorgängerversion. Viele der bemängelten Ecken und Kanten wurden seit der letzten Release aus dem Weg geräumt, die Usability in einigen Bereichen - allen voran das Update Management und die Netzwerkkonfiguration - erheblich verbessert.

Stärken

Erfreulich auch, dass man zunehmend versucht, die eigenen Stärken - Stichwort ZFS - auch in für die breite Masse sichtbare Features zu verwandeln. Das größte Hindernis für einen Open Solaris-Einsatz bleibt allerdings die im Vergleich zu Linux deutlich schlechtere Hardwareunterstützung.

Blickpunkt

Die Frage, ob für einen selbst Open Solaris von Interesse ist, hängt aber weiterhin vor allem vom eigenen Blickpunkt ab: Während sich so manche wohl schlicht "Wozu das Ganze?" fragen, freuen sich die anderen über eine zunehmend ernsthaftere Alternative am freien Desktop. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 11.01.2009)

Screenshot: Andreas Proschofsky