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Fatima Ferreira ist "Wissenschafterin des Jahres 2008".

Foto: APA/Jäger

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Die Allergieforscherin (links) und Elisabeth Nöstlinger, Vorstand des Klubs der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten

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Wien - Die aus Brasilien stammende, an der Universität Salzburg tätige Allergieforscherin Fatima Ferreira (49) ist Österreichs "Wissenschafterin des Jahres 2008". Diese Auszeichnung des Klubs der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten wurde der Leiterin des Christian-Doppler-Labors für Allergiediagnostik und -therapie an der Uni Salzburg heute, Donnerstag, in Wien überreicht.

Mit der Auszeichnung wollen die Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten vor allem das Bemühen von Forschern würdigen, ihre Arbeit und ihr Fach einer breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen und damit das Image der österreichischen Forschung zu heben. Ferreira, die das weltweit erste künstlich hergestellte Allergen (jenes der Birke) mitentwickelt hat, ist die Vermittlung ihrer Forschungstätigkeit ein besonderes Anliegen. So hat sie mit Kollegen von der Uni Salzburg das "Fliegende Immunologische Klassenzimmer" gegründet, um Schülern Wissenschaft näher zu bringen.

Reaktion

Die Auszeichnung "Wissenschafterin des Jahres 2008" sieht Fatima Ferreira als Bestätigung dafür, "dass ich hier am richtigen Platz bin und das Richtige mache". In Österreich fühle sie sich sehr wohl, als Forschungsstandort halte das Land mit anderen Staaten mit, so die Preisträgerin bei der Verleihung.

"Heimat in Österreich gefunden"

Die Grundlagenforschung habe sie in Brasilien, wo sie studierte, gefangen genommen. Gleichzeitig habe sie aber gewusste, dass sie für eine wissenschaftliche Karriere Brasilien verlassen müsse. In Österreich habe sie eine Heimat gefunden, hier liege auch der Start ihrer Laufbahn als Allergieforscherin. Als ersten und wichtigen Schritt für eine erfolgreiche Integration nannte die Preisträgerin den Aufbau von Netzwerken. Forschung könne nicht alleine betrieben werden.

"Wenig flexible Karrieremöglichkeiten"

Als ein gewisses Hindernis für Forschung in Österreich verwies die "Wissenschafterin des Jahres 2008" auf wenig flexible Karrieremöglichkeiten. "Es gibt einen vorgezeichneten Weg", so Ferreira. Nachwuchsforschern fehle häufig die Unabhängigkeit, sie müssten vielmehr in den Projekten die Idee ihres Professors verfolgen. "Das ist nicht sehr motivierend." Zudem sei es auch schwierig, seine eigenen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Sie selbst habe das Glück gehabt, über eine erfolgreiche Einreichung eines Projekts beim Wissenschaftsfonds FWF früh Unabhängigkeit zu erlangen.

Mehr interdisziplinäre Forschung und die Zusammenarbeit von Personen aus verschiedenen Fachrichtungen wäre für Ferreira wünschenswert, doch gleichzeitig sei die Umsetzung schwierig: Auf der anderen Seite stehe der Leistungsdruck, "aufgrund dessen wir in der Forschung fokussieren müssen". Hier sei es schwierig, den Mittelweg zu finden.

Biografisches

Fatima Ferreira, geboren am 16. Februar 1959 in Cachoeira de Goias (Brasilien), wurde gemeinsam mit ihren zwei Geschwistern allein von ihrer Mutter großgezogen. Sie studierte - mit Hilfe von Stipendien - Zahnmedizin und Biochemie in Brasilien und erhielt 1987 einen Doktortitel als Biochemikerin. Nach einer Forschungsassistenz ging sie 1988 als Post-Doc ans Department für Biochemie der Universität Toronto (Kanada). Dort lernte sie ihren späteren Ehemann, einen Wiener Biochemiker, kennen. Gemeinsam übersiedelten sie 1990 nach Österreich, wo sie an der Universität Wien und an der Universität Salzburg arbeitete.

Um an einer naturwissenschaftlichen Fakultät in Österreich tätig sein zu können, musste Ferreira 1998 ihren Diplomabschluss in Biochemie mit einer Arbeit über Birkenallergene nachholen. Sie habilitierte im Jahr 2000 im Fach Genetik an der Universität Salzburg und arbeitet dort seither als außerordentliche Professorin im Fachbereich Molekulare Biologie. Als Gründungsdirektorin des 2006 an der Uni Salzburg eröffneten Christian-Doppler-Labors für Allergiediagnostik und -therapie hat sie sich auch weiterhin der Entwicklung und Produktion von standardisierten rekombinanten Allergenen zur Diagnose und zur Therapie gewidmet. So arbeitet Ferreira an künstlichen Impfstoffen, etwa gegen die Traubenkraut- sowie Beifußallergie. Im Rahmen ihrer Forschungstätigkeit zählt sie bisher über 110 Fachpublikationen und sieben Patentanmeldungen.

Vermittlungsarbeit

Pioniergeist hat die Wissenschafterin auch abseits des Labors bewiesen: Gemeinsam mit ihrem Salzburger Kollegen Reinhard Nestelbacher begann sie 2003 im Rahmen eines FWF-Forschungsprojekts mit Wissenschaftskommunikation. Einige Jahre darauf entwickelten die beiden Forscher das "Fliegende Immunologische Klassenzimmer": Mitglieder der Forschungsgruppe besuchen dabei Schulklassen und führen mit den Kindern Experimente durch. "Heute erreichen wir damit etwa 10.000 Schüler pro Jahr", so Ferreira. Das Konzept wurde 2006 mit dem Kommunikationspreis der europäischen Gesellschaft für Immunologie in Paris ausgezeichnet, es war der Hauptsieger des Wissenschaftskommunikationspreises des Wissenschaftsfonds FWF im Jahr 2007.

Ferreiras Motivation für die Vermittlungsarbeit: "Wir wollen die Menschen persönlich treffen und erklären, wie wir forschen, was wir mit dem Steuergeld machen und wie normale Leute von unserer Arbeit profitieren". Die Förderung von Nachwuchsforschern, insbesondere Frauen, ist ein weiteres großes Anliegen der Wissenschafterin. Es sei ihre Verantwortung, sich als "Role Model" zu zeigen.

Hintergrund: "Wissenschafter des Jahres"

Die Auszeichnung "Wissenschafter des Jahres" haben bisher u.a. der im vergangenen Jahr verstorbene Literaturwissenschafter Wendelin Schmidt-Dengler (2007), der Philosoph Konrad Paul Liessmann (2006), die Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb (2005), der Mathematiker Rudolf Taschner (2004), der Immunologe Josef Penninger (2003) und die Mikrobiologin Renee Schroeder (2002) erhalten. (APA)