Ein Durchleuchter visueller Strategien: Harun Farocki feiert im September seinen 65. Geburtstag, 3sat feiert ihn schon jetzt.

Foto: ZDF/Hertha Hurnaus

Es gehört zu den nachhaltigsten Gemeinplätzen von Medienkritik, dass wir den manipulativen Qualitäten einer bildergesättigten Welt kaum geeignete Mittel entgegenzubringen hätten. Über genau jene Mittel nachzudenken, indem man die analytischen Instrumente immer wieder neu ausrichtet, wird dann - quasi in vorauseilender Resignation - schnell vergessen.

Der deutsche Filmemacher Harun Farocki ist einer der wenigen kritischen Geister, der Fragen der Bildlektüre ein ganzes Werk gewidmet hat - mittlerweile umfasst es mehr als 90 Arbeiten. Auf 3sat gibt es nun die rare Gelegenheit, sich davon eine ganze Nacht lang Gewissheit zu verschaffen. Sechs Filme sowie ein Gespräch stehen auf dem Programm, in denen es um Themen geht wie die Strategien einer Werbeagentur ("Der Auftritt"), Repräsentationen von und in Gefängnissen ("Gefängnisbilder") oder Kriegstechnologien, die ins zivile Leben auswandern ("Erkennen und Verfolgen").

Erstmals im Fernsehen zu sehen ist "Aufschub", ein Found-Footage-Film über das niederländische Durchgangslager Westerbork, von dem aus ab 1940 Juden in den sicheren Tod deportiert wurden. 1944 filmte der Häftling Rudolf Breslauer Szenen aus dem Lageralltag - die verstörendste davon zeigt einen Gefangenen, der selbst die Tür eines Zuges in Richtung Auschwitz zu schließen hilft.

Farocki lässt das Material nicht mehr für sich selbst sprechen, sondern versieht es, durchaus instruktiv, mit Zwischentiteln, die unseren Blick fokussieren oder wichtige Hintergrundinformationen anbieten. Heilsames Gegengift zu Guido Knopp und Co. (Dominik Kamalzadeh/DER STANDARD, Printausgabe, 9.1.2009)