Mario war erst zwölf, deshalb durfte er vor der Trafik "nur" Schmiere stehen. Drinnen hielten seine beiden Freunde, immerhin schon 14, dem Verkäufer eine Gaspistole vor die Nase und machten sich schließlich mit 1400 Euro aus dem Staub. Das Trio gehörte zur Linzer "Gummibärenbande", die vergangenen Sommer mit ihrer kriminellen Energie die Polizei verblüffte. Als mutmaßliche Mitglieder wurden bisher an die 70 Buben und Mädchen zwischen zehn und 18 Jahren ausgeforscht. Die Größe der Babygangsterorganisation ist zwar einzigartig, doch sie bestätigt den Trend der Jugendkriminalität: stark steigend.

Im Vorjahr wurden fast 7000 unter 14-Jährige wegen einer Straftat angezeigt - um ein Viertel mehr als 2007. Das Anzeigenplus bei 14- bis 18-Jährigen beträgt knapp neun Prozentpunkte auf insgesamt 35.912 Jugendliche, die nun zumindest eine Vormerkung im Polizeicomputer haben oder, weil schon strafmündig, sogar schon im Gefängnis landeten.

Diese aktuellen Zahlen sind auch der Grund dafür, warum Innenministerin Maria Fekter (VP) "nicht in Jubelstimmung" ist, obwohl die Gesamtstatistik zum Teil deutliche Rückgänge aller Strafdelikte in den Bundesländern aufweist (siehe Grafik). "Das sind keine Kindereien mehr, viele Jugendliche haben leider ein extremes Defizit an Unrechtsbewusstsein", bedauerte Fekter am Freitag.
Eher pragmatisch ist die Erklärung von BK-Chef Franz Lang: "Früher ging es um die Wurstsemmel im Pausenhof, heute nehmen Jugendliche Gleichaltrigen Handys oder MP3-Player ab, und derartige Delikte werden fast immer angezeigt, weil zumindest die Eltern die Hoffnung haben, dass eine Versicherung den Schaden ersetzt."

Das Phänomen lässt sich soziodemografisch nicht festmachen, kriminelle Babyfaces kommen aus allen Bevölkerungsschichten. Deshalb will die Ministerin möglichst breit gestreute Präventionsprogramme mit Schulen, Jugendämtern und Eltern. Fekter: "Kein krimineller Jugendlicher fällt vom Himmel, auf entsprechende Signale muss früh reagiert werden."

Schleppergesetz verschärfen

Volle Repression hingegen setzt sie ausländischen Straftätern entgegen. Fekter plant ein Gesetz, das es ermöglicht, erwischten Schleppern sofort Fahrzeuge als Sicherheitsleistung abzunehmen. Im Verwaltungsstrafgesetz, etwa bei Sofortstrafen wegen überladener Lkws, ist das schon möglich. Außerdem kritisiert Fekter, dass ausländische Verdächtige zu oft auf "freiem Fuß" angezeigt würden. 70.000 Verdächtige hätten sich so im Vorjahr einer weiteren Verfolgung entzogen.
Einigermaßen entspannt hat sich die Lage bei Einbrüchen in Wohnhäusern: minus 13,2 Prozent. Dafür gab es bei Geschäftseinbrüchen ein Plus von acht Prozent. Die Aufklärungsrate ist neuerlich gesunken, von den 572.696 im Vorjahr angezeigten Fällen wurden nur 38,3 Prozent aufgeklärt.  (Michael Simoner/DER STANDARD-Printausgabe, 10.1.2009)