Windows 7 Beta: Bereit zum Download.

Microsoft hat gut fünf Jahre in die Entwicklung von Windows Vista gesteckt. Kolportierte 10 Milliarden US-Dollar wurden bis zur Fertigstellung 2006 investiert, um ein überholtes Betriebssystem in die Gegenwart zu holen. Was dann auf den Markt kam, darf rückblickend als Blamage bezeichnet werden. Eine unfertige Software, die an der Hardware der Konsumenten vorbei programmiert wurde. Geholfen hat man mit Vista niemandem, weder den Anwendern und Anwenderinnen noch dem Image des Konzerns.

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Beweggründe für Windows 7

Kein Wunder, dass die verärgerte Käuferschaft nun schon Mitte 2009 (Anm.: Ein konkreter Erscheinungstermin wurde bislang nicht genannt.) mit einer neuen Windows-Version besänftigt werden soll.

Doch vor allem braucht Microsoft Windows 7, um den Bedürfnissen der Industrie nachzukommen, die mit der zunehmenden Nachfrage nach besonders portablen Notebooks und noch kleineren Netbooks auf passende, ressourcenschonende Systemsoftware drängt. Nicht zuletzt Vistas Netbook-Untauglichkeit wegen, griffen immer mehr Computerbauer auf vielseitig einsetzbare Linux-Distributionen zurück.

Der zweite Beweggrund für eine Generalsanierung ist Apples Mac OS X. Der kalifornische Langzeitkonkurrent profitierte besonders vom Scheitern Vistas und konnte Microsoft innerhalb eines Jahres fast drei Prozent Marktanteile abknöpfen.

Vista Complete

Dieser Tage ist nun die erste und, wie versprochen, einzige Testversion von Windows 7 (Ultimate) für eine breite Öffentlichkeit erschienen. Windows 7 Beta (Build 7000) zeigt, dass Microsoft ganze Arbeit geleistet hat, alte Schwächen auszubügeln. Doch beirren lassen sollte man sich nicht, wer von Microsoft ein komplett neues Produkt erwartet hat, wird enttäuscht. Denn das vorläufige Ergebnis kann kurzerhand als „Vista Complete“ bezeichnet werden.

Wie berichtet, beinhaltet die Testversion alle Funktionen des finalen Werks und erinnert trotz einiger Neuerungen im Design optisch stark an Vista. Im Kern hat sich allerdings einiges getan und damit ist nicht das Ausscheiden einiger Zusatzprogramme wie dem Emailprogramm „Mail“ oder der Videoeditierungssoftware „Movie Maker“ gemeint. (Alternativ steht nun ein Download der Windows Live Essentials zur Verfügung.)

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Zügige Installation

Auf unserem Testsystem – ein ehemaliger Windows-XP-Laptop von HP mit einem Zweikern-Prozessor von Intel, 1 GB RAM und einem Grafikchip von Nvidia mit 256 MB dezidiertem Videospeicher – machte Windows 7 schon während der Installation eine gute Figur. Nach genau 22 Minuten und 43 Sekunden war das Betriebssystem in wenigen und gut verständlichen Schritten aufgespielt. Zum Abschluss der Installation richtete Windows 7 noch die Netzwerkverbindung ein (in diesem Fall WLAN b/g/n mit WPA2-Verschlüsselung), was mit der Auswahl der Verbindung und der Eingabe des Passwortes schnell erledigt war. Als letzter Punkt stand die Einrichtung einer Netzwerkgruppe am Tableau. Dafür musste ebenfalls nur die passende Gruppe gewählt werden, das sichere Passwort für weitere PCs im Netz stellt Windows aus. Die Aktivierung von Windows per Seriennummer kann auch im Nachhinein erfolgen, die Beta steht bis zu 120 Tage frei zur Verwendung.

Danach lädt das System auf Wunsch alle Updates herunter und startet neu. Die Überraschung beim ersten Anblick des Desktops: Kein Startmenü, kein User Account Control, kein einziges Pop-up stört das Bild. Sogar der Warnhinweis in der System-Tray rechts unten in der Taskleiste, dass kein Virenschutz installiert ist, macht sich im neuen Flaggensymbol kaum bemerkbar (das Symbol darf auch ganz ausgeblendet werden).

Ein Blick in den in den Gerätemanager verrät, dass lediglich drei Komponenten nicht erkannt wurden – der Fingerprint-Leser, ein PCI-Kommunikationskontroller und ein Serieller PCI-Anschluss. Die automatische Suche fördert keine passenden Treiber zutage – Windows 7 befindet sich schließlich noch im Teststadium. Ton, Anzeige und Tastatur funktionieren und sonst auch macht das System keine Mätzchen. Für den ersten Test sollte das genügen.

Oberfläche

Die oftmals beschriebenen Neuerungen am Desktop-Layout umfassen eine aufgeräumte Taskleiste, in der nun alle Programm- und Ordner-Symbole gleich groß nebeneinander aufgereiht sind, die vollanpassbare System-Tray, eine kleine Schaltfläche daneben, um alle offenen Fenster auszublenden und freie Sicht auf den Desktop sowie die Minianwendungen zu erhalten und die fehlende Sidebar. Das Startmenü wurde ebenfalls aufgeräumt und die Jump-List-Funktion für häufig genutzte Programme beigefügt. So werden zu jeder Anwendung die zuletzt geöffneten Dokumente oder, wie beim Webbrowser, Webseiten angezeigt.

In der Taskleise befindet sich zum ersten Mal auch eine direkte Verknüpfung zu den eigenen Dateien und Dokumenten, die per Klick die Bibliotheken für Musik, Bilder, Videos und Dokumente aufruft. Ungewohnt aber durchaus praktisch zeigen diese Bibliotheken nicht mehr einzelne Ordnerinhalte an, sondern fassen ähnliche Dateien, wie Musik-Dateien, aus unterschiedlichen Ordnern zusammen. Der jeweiligen Bibliothek kann manuell jeder beliebige Speicherort hinzugefügt werden. Für den Nutzer besteht der Vorteil darin, dass er seine Dateien unabhängig vom Speicherort mit einem Klick aufrufen kann.

Weniger gelungen ist die neue Ansicht der Systemsteuerung, die alle Werzeuge für die Systemeinstellungen bereithält. Windows bündelt alle Werkzeuge im Standard-Layout in spezifischen Themengruppen, wie „System und Sicherheit“ oder „Hardware und Sound“. Das Problem daran: Der Benutzer erkennt dadurch nicht auf einen Blick, welche Einstellungen er in den jeweiligen Untergruppen vornehmen kann, da die Namensgebungen nicht eindeutig sind. So führte etwa die Suche nach den Mauseinstellungen ins Leere. In keiner der thematisch sinnvoll erscheinenden Untergruppen konnte das passende Werkzeug ausgemacht werden.

Zwei Lösungen für das Problem: Entweder, man klickt bei der Systemsteuerung auf den Menüpunkt „Alle Elemente anzeigen“ und wird kurzerhand fündig oder man nützt die stark verbesserte Suchleiste von Windows 7. Die Default-Ansicht der Systemsteuerung ist in jedem Fall die schlechteste Wahl – das war jedoch schon bei Windows XP so.

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Schnelle Suche, Programmsalat

Wirklich positiv herauszustreichen ist die überarbeitete Suche. Sie funktioniert nun wesentlich effizienter und schneller als zuvor und dient erstmalig bei Windows auch als Mittel zur raschen Navigation. Genauso sinnvoll für XP-Nutzer ist die Zusammenlegung der Ausführen- mit der Suchleiste im Startmenü.

Wie gehabt undurchsichtig ist die Ansicht „Alle Programme“ im Startmenü. Hier werden immernoch – scheinbar beliebig – bestimmte Verknüpfungen von Applikationen einzeln gelistet und andere wiederum in Ordnern zusammengefasst. Warum werden etwa „Windows-Fax und –Scan“ und „XPS-Viewer“ eigenständig und nicht unter dem Ordner „Zubehör“ aufgeführt. Im Ordner Zubehör finden sich wiederum weitere einzelne Verknüpfungen und wieder weitere Ordner. Will man etwa zum Defragmentierungs-Werkzeug, führt der Weg über „Alle Programme/Zubehör/Systemprogramme“. Möchte man verhindern, dass die Programmliste ewig lang wird, muss man wie bisher selbst für Ordnung sorgen und passende Themen-Ordner erstellen.

Sicherheitshinweise

Wesentlich unkomplizierter ist hingegen die Umgestaltung des Action Centers in das Windows Security Center ausgefallen. Die Bevormundung durch die User Account Controll (UAC) bei Vista, die beispielsweise unerlaubte Programmstarts verhindern soll, ist nicht mehr gegeben. Wie etwa bei Mac OS X popt nur noch selten ein Warnhinweis, wie beim Ausführen einer aus dem Internet heruntergeladenen Anwendung auf. Auch das eher unscheinbare Flaggensymbol statt dem Schild sorgt für weniger Panik bei Nutzern.

Hardware und Stabilität

Eine Erleichterung zum Auffinden und Lösen von Hardware-Problemen stellt der Menüpunkt „Geräte und Drucker“ im Startmenü dar. Was früher noch über den verschachtelten Gerätemanager behoben werden musste, findet sich nun in einer benutzerfreundlichen Darstellung aller angeschlossenen Geräte und internen Komponenten wieder. In wenigen Schritten können nun Fehler ausfindig gemacht und mit der Unterstützung des Systems behoben werden. Bei Treiberproblemen hängt es natürlich weiterhin vom jeweiligen Hardwarehersteller ab, ob er Windows 7 unterstützt.

Erfreulich ist, dass Windows 7 bereits in der Beta stabil und vorallem deutlich fixer ist, als Vista. Das System verbraucht zwar bei standardmäßiger Aktivierung aller Dienste gut 500 MB Arbeitsspeicher im Leerlauf, mit 1 GB RAM konnten im Test allerdings alle Grundfunktionen wie Internet-Surfen, Word oder Video-Schauen (auf dem Testsystem liefen Filme in 1080p flüssig) tadellos genutzt werden. Das macht Hoffnung, dass Windows 7 auch mit schwächeren Systemen zusammenspielt. Als Mindestvorraussetzung gibt Microsoft einen Rechner mit 1 GHz-Prozessorleistung und 1 GB Arbeitspeicher an. Beim Einsatz von speicherlastigen Anwendungen wie Photoshop oder Videoschnittsoftware kommt es bei nur 1 GB RAM jedoch zwangsläufig zu Engpässen.

Nicht ganz so sauber laufen noch diverse Programme. Beispielsweise stürzte der Internet Explorer 8, der in der Beta-Version vorinstalliert ist, gelegentlich ab. Firefox 3 hingegen machte keinerlei Anstände.

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Ausblick

Da sich Windows 7 noch im Teststadium befindet, müssen allfällige Instabilitäten mit Programmen in Kauf genommen werden. Ansonsten hinterlässt das Betriebssystem insbesondere im Vergleich zu Vista einen sehr guten Eindruck. Es ist deutlich agiler und reagiert schneller. Die beschleunigte Suche könnte auch XP-Nutzer überzeugen. Die Verbesserungen bei der UAC entschädigen zwar nicht für die altbackenen Ungereimtheiten im Design, hinterlassen aber einen angenehmen Nachgeschmack.

Ein Test von Windows 7 Beta auf einer separaten Partition zahlt sich in jedem Fall aus. Von einem Upgrade bestehender Vista-Systeme ist in dieser Phase hingegen abzuraten. Künftig wird sich Windows 7 auch im Zusammenspiel mit neuen Eingabemethoden wie Multitouch und Sprache beweisen müssen. Man wird sehen, ob Microsoft hier seine Versprechungen wird halten können. Bis dahin bleibt Windows 7 das beste Windows Vista, das es niemals gab. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 11.1.2009)