Spaniens Regierungspartei sucht sich seltsame Weggefährten. Auf einer Demonstration gegen den Gaza-Feldzug Israels in Madrid, zu der neben der Sozialistischen Partei PSOE von Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero die beiden größten Gewerkschaften des Landes, UGT und CCOO, sowie die kommunistische Vereinigte Linke gerufen hatten, bestimmten die Islamisten der Hamas und aus Nordafrika das Bild.

Mit dem grünen Stirnband, der in Gaza regierenden islamistischen Partei, führten sie den Marsch von mehreren Zehntausend Demonstranten durch die Madrider Innenstadt an. Sie trugen eine israelische Fahne mit aufgedrucktem Hakenkreuz. Sprüche wie „Israeliten, Terroristen", und „Jahwe verlangt den Völkermord" waren zu lesen. Die Islamisten skandierten „Allah ist groß", „Hisbollah beweg dich" und „Hoch lebe der bewaffnete Kampf" und „Intifada".
Weiter hinten machte Spaniens parlamentarische und außerparlamentarische Linke Israel als „Nazi-Zionisten Staat" und „Yankee Militärbasis im Mittleren Osten" aus. Rufe nach einer Schließung der spanischen Botschaft in Tel Aviv wurden laut.
Da nutzte es auch nichts, dass der offizielle Sprecher der PSOE, der Parteisekretär für soziale Bewegungen, Pedro Zerolo, vor laufenden Fernsehkameras das Selbstverteidigungsrecht des Staates Israel einforderte und nur die besondere Härte des Krieges kritisierte. In der von zahlreichen Künstlern unterstützten Abschlusserklärung gab es kein einziges kritisches Wort zur Raketenkampagne der Hamas. „Der Vorwand der israelischen Regierung - die Raketenangriffe von der Hamas gegen die israelische Bevölkerung - ist im Zusammenhang mit einer Aktion krimineller Zerstörung nicht akzeptabel", sagte Federico Mayor Zaragoza, Ex-Direktor der Unesco auf der Abschlusskundgebung.

1986 Israel anerkannt

Spaniens öffentliche Meinung ist besonders Israel-kritisch. Zu Zeiten der Franco-Diktatur suchten die Herrschenden hinter jeder oppositionellen Äußerung eine „Verschwörung von Juden und Freimaurern". Auch nach Ende der Diktatur 1975 tat sich Spanien mit Israel schwer. Es sollte elf Jahre dauern, bis Madrid kurz vor dem EU-Beitritt den Staat Israel anerkannte. Erst 1992, 500 Jahre nach der Vertreibung aller Juden von der iberischen Halbinsel, schloss Spaniens Regierung ein Abkommen mit der kleinen, hebräischen Religionsgemeinschaft im Lande.
Spanien, das gute diplomatische Beziehungen mit der arabischen Welt unterhält, ist einer der wichtigsten europäischen Geldgeber der palästinensischen Autonomiebehörde. Regierungschef Zapatero rief zusammen mit iranischen religiösen Würdenträgern und der Regierung Erdogan die Allianz der Zivilisationen ins Leben. Mit Israel kommt es immer wieder zu diplomatischen Missstimmungen, zuletzt, als Zapatero während des Libanonkrieges vor zwei Jahren auf einem Kongress der sozialistischen Parteijugend mit einem Palästinensertuch auftrat.
Im Vorfeld der Demonstration wurde Zapatero auf das Verhältnis mit Israel angesprochen. Einem Freund müsse man besonders deutlich sagen, wenn er einen Fehler begehe, erklärte er. Nach der Demonstration gab es bisher keine Erklärung seitens der Regierung. (Reiner Wandler aus Madrid, DER STANDARD, Printausgabe, 12.1.2009)