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Während in Europa immer weniger Kinder geboren werden, besteht die weltweite Bevölkerungsexplosion nach wie vor.

Foto: APA/dpa/Rolf Vennenbernd

Was wäre ein neues Jahr ohne neue Analysen? Da muss zurück und natürlich auch voraus geschaut werden. Um uns zu beruhigen, dass eh alles "gut läuft", wir das Leben "unter Kontrolle" haben. Manchmal ist das Gegenteil der Fall. Bevölkerungspolitisch eigentlich immer, zumindest seit zwanzig Jahren.

Und deshalb überrascht es nicht, wenn das Max-Planck-Institut für demografische Forschung auch heuer ein weiteres "Geburtentief" präsentiert. In allen europäischen Ländern sei die Geburtenrate zu niedrig, um die gegenwärtige Bevölkerungszahl zu halten. Pro Frau wären 2,1 Geburten notwendig. Nahe kämen dem jedoch nur Frauen in Frankreich, Großbritannien, Irland und den nordischen Ländern. Die Mehrheit, unter ihnen auch Österreich, pendelt zwischen 1,3 und 1,5 Kindern pro Frau.

Die Gründe für den verminderten Willen, sich fortzupflanzen, liegen auf der Hand und werden in vielen Hintergrund-Analysen auch angeführt. Denn auch dort, wo Frauen und Männer sich (weitere) Kinder wünschen, scheitert es an mangelnder Infrastruktur für adäquate - sowohl kindgerechte als auch arbeitszeitkonforme, d.h. flexible - Betreuungsstätten. Doch dieses primäre Argument gegen das Kinderkriegen - neben vielen anderen - verschleiert weitaus Wesentlicheres.

Die sinkenden Geburtenraten werden national begrenzt bemessen. Weltweit schaut es da schon ganz anders aus. Alleine in den letzten fünfzig Jahren hat sich die Weltbevölkerung mehr als verdoppelt. Gegenwärtig leben nach offiziellen Schätzungen der UNO 6,9 Milliarden Menschen auf der Erde. Noch vor Ende dieses Jahres werden es nach UN-Berechnungen sieben Milliarden sein. Und im Jahr 2050 könnten um die 9 Milliarden Menschen die Welt bevölkern.

Dies würde jedoch nur dann eintreten, wenn die Kinderzahlen auch in Afrika, Asien und Lateinamerika weiterhin sinken. Bleiben die derzeitigen Wachstumsraten konstant, könnten es im Jahr 2150 bereits 694 Milliarden Menschen sein. Eine Vorstellung, die nicht nur bei ExpertInnen Horrorszenarien mit Hungersnöten, Seuchen und anderen Katastrophen hervorruft.

Nachdem eine solche Entwicklung - und darin sind sich alle WissenschafterInnen für Bevölkerungsentwicklung einig - einfach nicht tragbar wäre, müssen die Geburten weltweit weiter sinken.

Wir könnten den Geburtenrückgang in Europa also durchaus positiv sehen und uns freuen, dass wir mit gutem Beispiel voran gehen. Die nationalen Eitelkeiten sollten im Zeitalter der Globalisierung sowieso nicht (mehr) bedient werden und die weitere Existenz des Pensionssystems im Rahmen einer Sozialnetz-Einbettung steht ebenso in den Sternen. (dabu/dieStandard.at, 13.01.2009)