Jedes EU-Vorsitzland gestaltet das EU-Ratsgebäude in Brüssel nach seinen Themen und Vorstellungen ein wenig um. Tschechien hat eine Plastik präsentiert, die eine Landkarte der EU darstellt. Jeder Staat wird mit landeseigenen Vorurteilen, Eigenheiten oder Ängsten auf die Schaufel genommen: Deutschland etwa ist eine Aneinanderreihung von Autobahnen. Viel Applaus gab es für die Darstellung Österreichs: Das ganze Land eine einzige idyllische Blumenwiese, auf der vier Kernkraftwerk-Kühltürme stehen.
Österreichs strikte Ablehnung der Atomkraft - oder besser gesagt die aggressive Art der Ablehnung - ist zu einer Lachnummer geworden. Perfekt zur tschechischen Plastik passt die Reaktion Österreichs auf die Pläne der Slowakei, den Schrottreaktor Bohunice wieder einzuschalten. Ein unglaublicher Verstoß "gegen Primärrecht", hieß es vonseiten der österreichischen Regierung und von EU-Abgeordneten, die Kommission müsse sofort ein Verfahren einleiten.
So, wie wenn es Österreich nicht einmal im Traum einfallen würde, das ehrwürdige Primärrecht - also den Beitrittsvertrag und die Grundfreiheiten - zu verletzen. Fakt ist, dass von den hunderten Verfahren, die die EU-Kommission seit 1995 gegen Österreich eingeleitet hat, jeder dritte Primärrecht betraf - wie etwa die Uni-Quotenregelung.
Natürlich ist die Wiederinbetriebnahme von Bohunice ein gefährlicher Schwachsinn. Doch Österreichs Politiker haben durch ihr populistisches, rechthaberisches Dauerfeuer gegen alles, was mit Atomkraft zu tun hat, international bereits jegliche Glaubwürdigkeit verloren. (DER STANDARD. Printausgabe, 13.1.2009)