Siebenmal Regierungschef, 21-mal Minister, 61 Jahre im Parlament: Giulio Andreottis Rekorde ha-ben Bestand. Der Meisterschüler Machiavellis hat alle Widrigkeiten unbeschadet überstanden, die seine politische Laufbahn zu gefährden schienen: die endlosen Grabenkämpfe in der Democrazia Cristiana, die Ermordung seines Parteikollegen Aldo Moro, den blutigen Terror der Roten Brigaden, den Mafiaprozess in Palermo.
Nichts vermochte den unerschütterlichen Katholiken aus der Fassung zu bringen, auch nicht die später aufgehobene Verurteilung zu 24 Jahren Haft für den Auftragsmord am Journalisten Mino Pecorelli. Der stoische Christdemokrat war in fast alle Skandale verwickelt, die Italien bewegten, doch selbst 27 parlamentarische Untersuchungskommissionen konnten dem Politfuchs nichts anhaben.
Der Senator auf Lebenszeit, der am heutigen Mittwoch seinen 90. Geburtstag feiert, hat nun angekündigt, Einblick in sein Archiv zu gewähren, das 600 Meter Regale füllt. Viele Staatsgeheimnisse werde er aber mit ins Grab nehmen, versicherte der Vatikan-Intimus. Dennoch hofft Andreotti auf einen Platz im Paradies: "Nicht durch meine Verdienste, sondern durch Gottes Güte." (Gerhard Mumelter aus Rom/DER STANDARD, Printausgabe, 14.1.2009)