Wann hatten wir eigentlich den letzten großen Kirchenskandal? Oder nimmt eine signifikante Anzahl von Katholiken Anstoß an der Bemerkung von Kardinal Christoph Schönborn, dass die Erklärung der Bischöfe zur Empfängnisverhütung in den 60er-Jahren wohl anders ausgefallen wäre, wenn die damaligen Amtsträger die demografische und gesellschaftliche Entwicklung vorhergesehen hätten? Grund zur Aufregung? Kaum.

Also auch: Keine Ausrede. Es liegt nicht an irgendwelchen aktuellen Ereignissen, dass schon wieder mehr als 40.000 Österreicherinnen und Österreicher der römisch- katholischen Kirche den Rücken gekehrt haben. Sie gehen nicht im Zorn. Sie gehen aus Langeweile: Das Angebot, das "die Kirche" macht, erreicht viele Menschen, die als Kirchenvolk die eigentliche Kirche darstellen sollten, ganz einfach nicht. Im Vorjahr hat eine market-Umfrage gezeigt, dass nur sieben Prozent der Österreicher der Kirche die "für die Menschen unserer Zeit richtigen Antworten" zutrauen.

Nun kann man einwenden: Wer das Wort Gottes zu verkünden hat, soll lieber auf diesen als auf Umfragen hören - und seiner Lehre treu bleiben. Die Menschen wollen ja durchaus wissen, was der Papst, die Kardinäle und Bischöfe zu sagen haben - auch wenn sie in ihrer Gewissensfreiheit andere persönliche Entscheidungen treffen. Diese Menschen dennoch als zahlende Mitglieder zu halten, wäre die Aufgabe von Priestern, die mit den Menschen in ihrem Umfeld leben. Aber gerade an denen mangelt es. (Conrad Seidl/DER STANDARD-Printausgabe, 14. Jänner 2009)