Jetzt geht's los in Deutschland, aber hallo! Ab morgen werden die Läden gestürmt, ob DVD-Player, Waschma- schine oder Familienkutsche - eingepackt wird, was nicht niet- und nagelfest ist. Den Eindruck hat, wer die deutschen Großkoalitionäre von ihrem neuen Konjunkturpaket schwärmen hört. Und es kommt noch besser: Die Milliarden-Spritze der großen Koalition sorgt nicht nur für pralle Geldbörsen, sondern ermöglicht auch ansonsten angstfreies Powershoppen: Denn den Unternehmen gewährt die Regierung Zuschüsse zur Kurzarbeit, sodass trotz drohender Riesen-Rezession niemand entlassen werden muss.

Die lieben Kleinen machen sich derweil schon Gedanken, in welcher Farbe das Klassenzimmer aufgehübscht wird und auf welchen neuen Autobahnen sie später dahinflitzen. Schließlich fließen viele Euro in den Ausbau der Infrastruktur. So gut geht es Deutschland, zumindest auf den ersten Blick.

Gänzlich anders sieht es natürlich die Opposition: Wenn man die geplanten Entlastungen für die Steuerzahler auf die zwölf Monate umlege, dann könnten diese sich damit gerade mal eine "Currywurst mit Mayo ohne Pommes" kaufen, lästert der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle. Die Wahrheit liegt, wie meistens, in der Mitte.

Kaum jemand bestreitet, dass es sinnvoll ist, in den Ausbau von Infrastruktur zu investieren. Es gibt nicht wenige Schulen in Deutschland, die sind so marode, dass Lehrer, Eltern und Schüler oft selbst zum Farbtopf greifen. Wenn schon auf Kosten der Kinder Rekordschulden angehäuft werden, dann soll das Geld wenigstens zum Teil auch der kommenden Generation zugutekommen. Andererseits: Ist es nicht ureigenste Aufgabe eines Staates, für ordentliche Straßen, Schulen und Universitäten zu sorgen? Muss erst die Weltwirtschaft an den Rande des Abgrunds taumeln, bevor Deutschland handelt?

Ähnlich schaut es bei den Steuersenkungen aus. Die kalte Progression abzumildern, also darauf zu achten, dass eine Lohnerhöhung nicht gleich wieder vom Finanzamt aufgefressen wird - das planen Union und SPD seit Jahren. Hinbekommen haben sie es die längste Zeit jedoch nicht, da mussten erst einmal ein paar US-Banken pleitegehen.

Um einen verfrühten Faschingsscherz dürfte es sich bei der Senkung der Krankenkassenbeiträge handeln. Gut so, könnte man zunächst meinen. Von einer Senkung der Lohnnebenkosten profitieren schließlich Arbeitgeber und -nehmer. Doch für 90 Prozent der Krankenversicherten haben sich die Beiträge wegen der Gesundheitsreform am 1. Jänner ohnehin erhöht. Eine Milchmädchenrechnung also.

Cui bono, wem nützt es? Wer diese Frage stellt, kommt unweigerlich zur Antwort: Jedem ein bisschen, vor allem den Koalitionspolitikern. Dass das Konjunkturpaket gar so groß geriet, verdanken die Deutschen ja nicht bloß der tiefgehenden Wirtschaftskrise sondern auch dem Blick auf den Wahlkalender. Im Superwahljahr muss sich schließlich jeder im Superpaket wiederfinden. Also bekam die SPD ihre Familienförderung, die CDU ihren Rettungsschirm für Unternehmen sowie die Förderung der Autoindustrie und die CSU endlich ihre Steuersenkung. Diesbezüglich hat der "lästige" Bayer Horst Seehofer Kanzlerin Angela Merkel einfach so lange genervt, bis sie umfiel - was darauf schließen lässt, dass der Dauerwahlkampf 2009 in der Union nicht ganz friktionsfrei sein wird.

An Deutschland vorbeilotsen kann Merkel die Krise mit diesem Paket sicher nicht, höchstens abfedern. Unklar ist, wie es weitergeht, wenn sich selbst diese Hoffnung zerschlägt. SPD-Fraktionschef Peter Struck bringt bereits ein drittes Konjunkturpaket ins Spiel. Wer das dann noch bezahlen soll, sagt er wohlweislich nicht. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.1.2009)