Unsere Nationalratspräsidentin sagt neuerdings über die Causa Graf, sie "hechle momentan hinter den Erkenntnissen nach. Kaum denke ich mir, ich weiß, was momentan anliegt, kommen neue Vorwürfe". Dass Barbara Prammer jetzt den Erkenntnissen hinter herhecheln muss, hätte erst gar nicht sein müssen. Bereits vor der Wahl Martin Grafs zum Dritten Nationalratspräsidenten hat man gewusst, dass er mit der vom Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes als rechtsextrem eingestuften Burschenschaft Olympia einen Lebensbund eingegangen ist. Abgeordnete der SPÖ und der ÖVP haben ihn trotzdem gewählt. Woher dachten sie denn, wird Graf seine Mitarbeiter rekrutieren? Etwa vom Career Center der Uni Wien?
Dass Mitarbeiter des Dritten Nationalratspräsidenten Nazi-Devotionalien bestellt haben und umstrittene Jugendarbeit für die "Sturmadler" gemacht haben, ist jetzt nicht mehr deren Privatsache. Nein, wenn im Parlament Leute sitzen, die der nationalsozialistischen Ideologie bedenklich nahe gekommen sind, dann kann das Symbolwirkung für das ganze Land haben. Warum sollte ein junger Mensch denken, er handle unrecht, wenn er zu Nazi-Rock grölt, wenn ja selbst Leute im Hohen Haus, diese Musik hören oder einmal gehört haben?
"Ich könnt fast täglich Amok laufen, bei dieser Scheiße die ihr macht. Die Wut, sie brodelt tief in mir, nur eine Frage wann es kracht," singen die Weißen Wölfe in "Uns're Zeit wird kommen". Rechtsextrem motivierte Taten fallen in Österreich derzeit nicht so radikal aus wie in anderen Ländern. Was, wenn in Österreich ein Asylantenheim brennt? Dann, liebe ÖVP, hilft das "Hände falten" nichts mehr. Und auch nicht das "Goschen halten", liebe SPÖ. Warum jemand rechtsextrem ist und gewalttätig wird, wissen wir nicht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Dass ein Hohes Haus - wenn auch ungewollt - dazu beiträgt, dass Nazirock ein Stück weiter salonfähig ist, ist ein Skandal. Die Bemühungen Prammers, in der Demokratiewerkstatt den Kindern das Prinzip der Demokratie näher zu bringen, muten in diesem Zusammenhang geradezu lächerlich an. (Katrin Burgstaller/derStandard.at, 14. Jänner 2009)