Während die Ägypter in Kairo weiterhin mit Hamas-Vertretern über die Details einer möglichen Waffenruhe verhandelten, blieb unklar, unter welchen Bedingungen die Israelis bereit sein würden, ihre Militäroperation abzubrechen.

Eine Vorlage lieferte dabei der in den Wahlumfragen führende israelische Oppositionschef Benjamin Netanjahu: "Entweder wir liquidieren das Hamas-Regime, oder wir hindern es daran, aufzurüsten - eines dieser beiden Ziele muss erreicht werden", sagte Netanjahu in einem Radio-Interview. UN-Generalsekretär Ban Ki-moon war am Mittwoch in Kairo, um sein moralisches Gewicht hinter die diplomatischen Bemühungen zu werfen, und forderte abermals "ein sofortiges Ende der Gewalt in Gaza". Sowohl die israelische Militäroffensive als auch die Raketenangriffe der Hamas müssten gestoppt werden. Heute, Donnerstag, wird er in Jerusalem erwartet.

Die Israelis hatten zuletzt das Gefühl, durch die Fortsetzung des militärischen Drucks auf die schon angeschlagene Hamas bei der sich abzeichnenden Vereinbarung mehr herausholen zu können. Laut Medienspekulationen will besonders Premier Ehud Olmert noch Zeit gewinnen und verzögert deshalb eine vielleicht entscheidende Sitzung mit den beiden anderen Mitgliedern der Führungstroika, Zipi Livni und Ehud Barak. Die Außenministerin und der Verteidigungsminister sollen jetzt der Meinung sein, dass die Hamas eine Lektion bekommen habe und durch weitere Militärschläge nichts mehr zu gewinnen sei.
Barak plädiert anscheinend für eine sofortige einwöchige Waffenruhe, während der eine Vereinbarung mit internationalen Garantien perfekt gemacht werden soll. Livni betont demgegenüber, dass für sie eine formale Vereinbarung mit der Hamas nicht in Frage komme, weil man die Terrorgruppe nicht aufwerten dürfe.

Unterdessen ist die Zahl der Todesopfer im Gazastreifen laut palästinensischen Rettungskräften auf über 1000 gestiegen. Mindestens 1001 Palästinenser seien seit Beginn der Militäroffensive "Gegossenes Blei" am 27. Dezember getötet worden, sagte der Chef der Rettungskräfte, Muawiya Hassanein, am Mittwoch in Gaza.

Zum zweiten Mal seit Beginn der Kämpfe wurde Israel am Mittwoch aus dem Libanon beschossen. Vermutlich drei Katjuscha-Raketen landeten in der Gegend des Städtchens Kiriat Schmona. Die Israelis feuerten einige Artilleriegranaten zurück. Die Hisbollah erklärte umgehend, dass nicht sie die Raketen aufIsrael abgefeuert habe. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 15.1.2009)