Moskau/Straßburg - In der festgefahrenen Situation wegen der Gaskrise erhalten die Befürworter der Atomkraft in Europa immer mehr Auftrieb. Der tschechische Premier und EU-Ratspräsident Mirek Topolánek sprach bei einer Rede vor dem EU-Parlament in Straßburg am Mittwoch davon, dass die Union in der Energiekrise einen pragmatischeren Ansatz wählen müsse. Topolánek forderte eine "Rehabilitierung der Atomenergie" und Investitionen in neue Technologien.
Gleichzeitig will nun auch Polen mit dem Bau der ersten beiden Atomkraftwerke im Land beginnen. Zwar ist Polen vom Gasstreit kaum betroffen, dennoch erklärte Polens Premier Donald Tusk die Energiesicherheit zur Priorität seiner Politik. Die Reaktor-Pläne sind nicht neu, bisher scheiterten jedoch alle Vorhaben an den hohen Kosten für beide Investitionen.
In Bulgarien hat sich am Mittwoch der Ausschuss für Energie im Parlament mit einem etwaigen Neustart der abgeschalteten Reaktorblöcke des AKW Kosloduj beschäftigt. In der Slowakei überlegt die Regierung bereits seit Tagen die Einschaltung eines stillgelegten Reaktors im AKW Bohunice.
Angesichts der ausbleibenden Gaslieferungen Russlands hat die EU am Mittwoch Russland und der Ukraine mit Klagen gedroht. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso warnte in Straßburg, die europäischen Energieversorger könnten gegen den russischen Gasprom-Konzern und das ukrainische Unternehmen Naftogas vor Gericht ziehen. (DER STANDARD, Print-Ausgabe, 15.1.1.2009)