Wien - Angriffe auf Israel, Lob für die Hamas, Appelle zum Schulterschluss: Politische Parolen in der Moschee, wie sie der Imam Adnan Ibrahim gepredigt hat, sind für Bülent Öztoplu Symptom einer Entwicklung, die er seit Jahren in Wien beobachtet: "Der politische Islam ist auf dem Vormarsch."

"Wachsende Isolation" bemerkt der erfahrene Sozialarbeiter in der muslimischen Community. Junge Zuwanderer würden sich von den westlichen Werten abwenden und zunehmend religiös argumentieren. Immer öfter, erzählt Öztoplu, höre er den Satz "Weil es der Koran so vorschreibt" - etwa, wenn es um die Rechte von Frauen gehe. Und es mache sich "Opfermentalität" breit, glaubt er: "Viele Muslime sehen sich als Kollektiv, das wegen der Religion ausgegrenzt werde."

Abgesehen von realer Diskriminierung macht Öztoplu dafür politisch orientierte Moscheen und muslimische Vereine verantwortlich, die "soziale Probleme religiös instrumentalisieren würden". Verbote hält er aber für falsch. Öztoplu plädiert für Bildung als Gegenmittel, aber auch für strengere Kriterien bei Förderungen: "Geld sollten nur Vereine bekommen, die europäische Werte wie Demokratie ernst nehmen."  (Gerald John/DER STANDARD, Printausgabe, 15.1.2009)