Washington/Wien - Die bisher reibungslose Regierungsbildung des kommenden US-Präsidenten Barack Obama ist wenige Tage vor dessen Amtseinführung ins Stocken geraten. Seine Nominierungen für das Finanz- und das Justizministerium stießen im Senat auf Widerstand. Obama wird deshalb nach seiner Vereidigung am Dienstag nicht wie erhofft sein komplettes Kabinett zur Verfügung haben, um sich ganz der Wirtschaftskrise und der Kriege im Irak und in Afghanistan widmen zu können.

Finanzministerkandidat Timothy Geithner kam, wie berichtet, wegen nicht gezahlter Steuern unter Druck, Justizministerkandidat Eric Holder stand am Donnerstag vor kritischen Fragen wegen seiner Entscheidungen als zweiter Mann im Justizministerium unter dem früheren Präsidenten Bill Clinton. Die republikanischen Senatoren wollten Genaues über die Begnadigung eines puertoricanischen Separatisten wissen, der 1982 einen Anschlag auf ein Bundesgebäude in Manhattan verübt hatte. Auch die von Clintons Regierung durchgesetzte Ausweisung eines kubanischen Flüchtlingsbuben 2000 fiel in seine Verantwortung und zudem die umstrittene Begnadigung des damals flüchtigen Financiers Marc Rich durch Clinton.
Aus Senatskreisen verlautete, dass am Ende sowohl Geithner als auch Holder bestätigt würden - aber nicht so schnell wie etwa Hillary Clinton, die bereits Donnerstag die Zustimmung des Senats bekam und wenige Stunden nach Obamas Amtsantritt als Außenministerin vereidigt werden soll.


Obamas zweites Problem mit dem Kongress betrifft die Freigabe der zweiten Tranche des 700-Milliarden-Dollar-Bankenrettungspaketes. Unter Demokraten wie Republikanern gibt es erheblichen Widerstand, weitere 350 Mrd. Dollar für den Finanzsektor zu genehmigen. Es sei unklar, ob die Demokraten bei den anstehenden Abstimmungen eine Mehrheit erzielen könnten, berichtete CNN.

Unterhändler von Obama haben sich mit Kongressvertretern aber auf den Umfang des Konjunkturprogramms geeinigt. Das Paket solle einen Umfang von 825 Milliarden Dollar (625 Milliarden Euro) haben, hieß es am Donnerstag im US-Kongress in Washington. Ein entsprechender Gesetzesentwurf solle dem Repräsentantenhaus in den kommenden zwei Wochen zur Beratung vorgelegt werden. Der Plan sehe 550 Mrd. Dollar für Investitionen und 275 Mrd. Dollar für Steuererleichterungen vor.

US-Botschafterreigen in Wien

In Wien dreht sich indes das Rad der US-Botschafter, alle drei Missionschefs werden abgezogen. OSZE-Botschafterin Julie Finley und der für Österreich zuständige David Girard-diCarlo verlassen in den nächsten Tagen Wien. UN-Botschafter Gregory Schulte wurde nur bis Sommer verlängert, weil in der IAEO wichtige Entscheidungen anstehen. Wer in den Missionen nachfolgen wird, ist unklar. Finley und Girard-diCarlo waren "citizen diplomats" mit starkem republikanischen Hintergrund. Nichtsdestotrotz wünschte Girard-diCarlo Donnerstag bei einer Abschlusspressekonferenz in Wien Obama viel Glück: "Wir brauchen seinen Erfolg." (AP, mab, pra/DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2009)