Zürich - Das Erbgut von Säugetieren und damit auch Menschen kann entgegen bisherigen Annahmen auch Gene von RNA-Viren aufnehmen. Das zeigt eine Studie von Forschern der Universität Zürich. Sie plädieren dafür, dieses Risiko bei gentherapeutischen Anwendungen zu berücksichtigen.
Speicherarten
Die Erbinformation wird in Viren auf unterschiedliche Weise abgespeichert. Pockenviren zum Beispiel verwenden wie der Mensch Desoxyribonukleinsäure (DNA), Masern- und Kinderlähmungsviren hingegen Ribonukleinsäure (RNA), wie die Universität Zürich am Donnerstag mitteilte.
Bisher waren Wissenschaftler davon ausgegangen, dass RNA-Viren ihr Erbgut nicht in dasjenige ihrer Wirte einbauen können, weil die RNA in Zellen von Säugetieren, die häufig als Wirte dienen, nur als temporäre Wegwerfkopie von Genen verwendet wird. Das DNA-Original bleibt so jederzeit geschützt.
HIV
Eine Ausnahme bilden sogenannte Retroviren wie der Aidserreger HIV. Sie haben zwar eigentlich ein Erbgut aus RNA. Kaum sind sie aber in eine Wirtszelle eingedrungen, wandeln sie diese in DNA um und setzen diese dann ins Erbgut der Wirtszelle ein.
Forscher um Lars Hangartner vom Institut für Medizinische Virologie der Uni Zürich haben nun herausgefunden, dass die Retroviren nicht die einzigen Viren mit RNA-Erbgut sind, die ins Genom von Säugetieren gelangen können. In der Fachzeitschrift "Science" beschreiben sie, wie Gene eines RNA-Virus ins Genom einer Maus integriert wurden.
Vorsicht bei Gentherapie
Die Wissenschaftler rufen deshalb zur Vorsicht bei Anwendungen von RNA-Viren beim Menschen auf, etwa für die Gentherapie. Dort werden RNA-Viren als Vehikel benutzt, um zu Heilzwecken Gene in den Körper zu bringen. Bisher galten diese Genfähren als sicher, weil angenommen worden war, dass sie sich nicht ins menschliche Erbgut einbinden können.
Die Wahrscheinlichkeit einer Integration von RNA-Viren ins Wirtserbgut sei sehr klein, das habe die Studie gezeigt, sagte Hangartner. Doch das Risiko sollte für Viren, die zur Anwendung im Menschen gedacht seien, abgeklärt werden. Das könne mit einem ganz einfachen Test bewerkstelligt werden. (APA/sda)