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Von Budapest bis Moskau reichen die Turbulenzen, die dem heimischen Finanzsektor zu schaffen machen. Der IWF beäugt die dominante Rolle Österreichs im Osten skeptisch.

Foto: EPA/Montage: Beigelbeck

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Die dominante Position der österreichischen Banken in Osteuropa rückt
in den internationalen Fokus: Der IWF warnt in einer neuen Analyse vor dem Abzug von Geldern, der für die Region und Österreich "verheerende Folgen" hätte.  

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Gestern wurden sie von den internationalen Beobachtern als Speerspitze in Osteuropa gefeiert, heute werden sie wegen des Wirtschaftsabschwung für das Engagement geprügelt: Die österreichischen Banken geraten zusehends in den Fokus von Analysten, die sich um das hohe Kreditobligo sorgen. In dieses Lied stimmt nun auch der Internationale Währungsfonds ein, der bei seiner letzten Sonderprüfung die Vorherrschaft des österreichischen Finanzsektors in den Reformländern trotz einiger Hinweise auf die Gefahren unter dem Strich gelobt hatte.

Das hat sich geändert. In einem unveröffentlichten Bericht warnt der Fonds aus Washington vor einem Flächenbrand, sollten die Banken wegen des Konjunkturabschwungs zum Rückzug blasen und Gelder abziehen. "Die wahrscheinliche Folge wäre ein Kreditschock in der gesamten Region" , schreiben Andrea M. Maechler und Li Lian Ong.

Den Zusammenhang beschreiben die Autoren so: Sollte sich beispielsweise in Kroatien, wo das Engagement heimischer Banken fünf Prozent des Austro-BIP ausmacht, die Situation verschlechtern, wären die Institute zur Reduktion ihrer Finanzgeschäfte in der gesamten Region gezwungen. Durch die Kettenreaktion wären somit auch Länder betroffen, die an und für sich noch in stabiler Verfassung seien. Das hätte "verheerenden Folgen" - sowohl für den Osten als auch für die Heimatstaaten der Banken, so die Schlussfolgerung.

Dass Österreich "mit Abstand" der größte Kreditgeber in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion ist, zeigt der IWF mit neuen Daten. Gemessen an der heimischen Wirtschaftsleistung (BIP) beläuft sich die Summe der in der Region verliehenen Gelder auf 70 Prozent. Zum Vergleich: Nummer zwei ist mit Respektabstand Belgien - das Kreditobligo der Banken dieses Landes macht 26,3 Prozent aus. Auch in absoluten Zahlen sind heimische Institute die Nummer eins - sie stehen hinter knapp einem Viertel aller Auslandsforderungen in Ost- und Südosteuropa (gefolgt von Deutschland und Italien).

Doppelmühle Fremdwährung

Auch Bankanalysten haben ihre Aussichten für die Region in den vergangenen Monaten deutlich zurückgenommen. Sie legen den Finger immer stärker auf die Fremdwährungsrisiken, die österreichische Banken in zahlreichen Ländern Osteuropas eingegangen sind. Ob Russland, Rumänien, die Ukraine oder Polen: Die Währungen haben wegen der Kapitalflucht der Investoren nachgegeben und das trifft die Institute doppelt. Einerseits verteuern sich die Raten der Fremdwährungskredite, weshalb höhere Ausfälle lokaler Schuldner drohen; andererseits wackeln die Buchwerte, welche die Banken für ihre Osttöchter in den Bilanzen stehen haben.

Was heißt das unter dem Strich? Die Analysten von Sal. Oppenheim rechnen bei Raiffeisen International wegen der Fremdwährungsthematik für 2008 mit Abschreibungen von 516 Millionen Euro, die das Eigenkapital mindern - die Hälfte davon in der Ukraine. 2009 und 2010 müssen die Tochterbanken um jeweils rund 350 Millionen abgewertet werden, heißt es.
Etwas besser wird die Lage der Erste Bank eingeschätzt, die stärker in den stabileren Nachbarländern aufgestellt ist als Raiffeisen. Die Währungsverluste dürften laut Oppenheim 2008 das Eigenkapital um 164 Millionen Euro drücken. In Rumänien, wo die Erste seit dem Erwerb der BCR Lokalmatador ist, könnten laut den Analysten auch die Buchwerte angetastet werden. Ähnlich stellt sich die Situation für die Bank Austria, dem Marktführer im Osten, dar, allerdings wird das Institut wegen seiner Zugehörigkeit zur UniCredit nicht gecovert.

Stehen die Banken nun am Abgrund? Nein, so der Analysten-Kanon, in den auch die Experten von UBS und Citigroup einstimmen. Die Kreditvorsorgen werden sich in etwa verdoppeln, rote Zahlen drohen dennoch nicht, da die Margen abseits der Ausfälle hoch bleiben sollen. Und: Zur Stabilisierung wird wohl der Transfer staatlicher Bankenhilfen in den Osten notwendig werden. UBSrechnet damit im Falle von Raiffeisen, die Erste Bank hält die Stärkung der Töchter hingegen nicht für notwendig. (Andreas Schnauder/DER STANDARD, Printausgabe, 16.1.2009)