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Verhandeln und feuern: Die israelische Armee sprengte im Gazastreifen ein weiteres Haus in die Luft, das nahe der Grenze zu Israel stand, und beschoss Ziele der Hamas.

Foto: EPA/Gideon

Nach drei Wochen Bombardement des Gazastreifens steuerte die israelische Regierung auf den Abschluss einer Waffenruhe mit der Hamas zu. Beide Seiten hatten aber verschiedene Vorstellungen über ein Abkommen.

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Alle Beteiligten gingen davon aus, dass das Ende der Kämpfe im Gazastreifen nahe ist, aber das Abkommen über eine Waffenruhe war zuletzt noch immer nicht ausgereift. Israels Emissär Amos Gilad flog Freitagfrüh abermals nach Kairo, um den ägyptischen Vermittlern mitzuteilen, dass die Israelis die Bedingungen der Hamas nicht akzeptieren. Gilad war erst am Donnerstagabend aus Kairo zurückgekehrt und hatte in Jerusalem berichtet.

Ehe eine Vereinbarung in Kraft tritt, müsste sie noch vom israelischen Kabinett abgesegnet werden. Die Israelis wollen offenbar verhindern, dass die schwer angeschlagene Hamas aus dem Krieg irgendwelche Gewinne zieht. Die Islamisten müssen zugleich versuchen, trotz der katastrophalen Lage im Gazastreifen das Gesicht zu wahren.

Beide Seiten sind prinzipiell bereit, sofort das Feuer einzustellen, doch darüber, was danach passieren soll, gab es noch tiefe Differenzen. So will die Hamas die Waffenruhe von vornherein auf sechs Monate bis ein Jahr begrenzen, während die Israelis von einem Ablaufdatum nichts wissen wollen. Die Hamas verlangt zudem eine Garantie dafür, dass schon binnen Tagen nach dem Beginn der Feuerpause die israelischen Truppen abziehen und die Grenzen zu Ägypten und zu Israel permanent geöffnet werden. Die Israelis wollen hingegen erst dann ihre Soldaten zurückbeordern und die Blockade lockern, wenn ein Mechanismus ausgearbeitet ist, der auf lange Sicht die Wiederaufrüstung der Hamas verhindert. Die Verhandlungen darüber, in die mehrere andere Länder eingebunden werden müssten, könnten sogar Wochen dauern. Von der Optik her würde die Hamas somit jetzt ihr Raketenfeuer einstellen müssen, ohne das Geringste erreicht zu haben.

"Hüllen-Abkommen"

Teil des Pakets soll auch ein "Hüllen-Abkommen" zwischen Israel und den USA sein, zu dessen Fixierung die israelische Außenministerin Zipi Livni nach Washington geflogen ist. Demnach sollen internationale Geheimdienste großräumig verhindern, dass für die Hamas bestimmte Waffen etwa über afrikanische Länder oder Saudi-Arabien überhaupt in den ägyptischen Sinai gelangen.

Ein separates, noch unerledigtes Kapitel ist dabei die Überwachung der Grenze selbst. Ägypten lehnt internationale Beobachter auf seinem Boden strikt ab, die Hamas will allenfalls türkische Kontrollore zulassen. Zudem wollen die Ägypter das Grenzterminal wieder der Verwaltung der Fatah unterstellen, die seit dem innerpalästinensischen Bürgerkrieg im Juni 2007 mit der Hamas verfeindet ist.

In Israel hatte man den Eindruck, dass die Gaza-Hamas nach dem Verlust von hunderten Kämpfern auf eine Waffenruhe drängt. Der aus Damaskus operierende Hamas-Führer Khaled Maschal schien hingegen von der Realität abgehoben. "Israel hat nichts erreicht", sagte Maschal am Donnerstag. "Es hat keinen einzigen Raketenwerfer gefunden, im Gegenteil - die Zahl unserer im Kampf getöteten Männer ist kleiner als die Zahl der getöteten Israelis."

Die Bodenkämpfe schienen am Freitag abgeebbt zu sein. Um zehn Uhr Vormittag verkündete Israel eine vierstündige "humanitäre Feuerpause". Nach palästinensischen Angaben wurden in dieser Zeit in der Stadt Gaza 23 Leichen geborgen, die seit den Kämpfen am Vortag verschüttet waren. In der Nacht auf Freitag hatten die Israelis nach eigenen Angaben rund 40 Ziele aus der Luft angegriffen, darunter eine Moschee, die als Waffenlager gedient haben soll, und acht Raketenwerferpositionen. (Ben Segenreich aus Tel Aviv/DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.1.2009)