Die für Freitag geplante abschließende Verhandlungsrunde über das Statut zum neuen Presserat konnte nicht finalisiert werden. "Wir konnten die Gespräche nicht beenden. Es hat eine sehr intensive Diskussion stattgefunden, die aus Zeitgründen vertagt werden musste", sagte Gerald Grünberger, Generalsekretär des Verbandes Österreichischer Zeitungen (VÖZ) der APA. Ein neuer Termin wurde noch nicht vereinbart.

Laut dem Gewerkschaftsvorsitzenden Franz C. Bauer liegt die Verzögerung einzig an mangelnder Zeit - "inhaltlich waren wir uns heute in jedem besprochenen Punkt einig". Claus Reitan, Gründer des Chefredakteursverein, sprach von einem "Zeitverlust - aber es ist keiner in der Sache". Seit Mai 2008 verhandeln VÖZ, Journalistengewerkschaft und der Verein der Chefredakteure über einen neuen Presserat. Die Verantwortlichen hatten gehofft, sich am Freitag auf ein Statut einigen zu können.

Trägerverein aus 14 Personen

Grundsätzlich sieht dieses vor, dass der Trägerverein des neu zu gründenden Selbstregulierungsorgans aus 14 Personen bestehen soll. Je fünf Mitgliedern werden vom VÖZ und der Gewerkschaft geschickt, der Österreichische Zeitschriftenverband (ÖZV), der Verband Regionalmedien (VRM), der Verein der Chefredakteure und der Presseclub Concordia nominieren jeweils ein Mitglied. Zugelassen sind ausschließlich Vertreter von Printmedien, Repräsentanten von elektronischen Medien sind im Presserat laut VÖZ-Generalsekretär Gerald Grünberger nicht vertreten. Auswahlkriterien für die Mitglieder sind journalistisches Know-how - sie müssen mindestens zehn Jahre lang in diesem Bereich tätig gewesen sein - beziehungsweise juristische Kenntnisse. Die Bestellung erfolgt mit Zweidrittelmehrheit.

Zwei Beschwerdesenate

Der Presserat soll sich aus zwei Beschwerdesenaten zusammensetzen, die sich mit medienethischen und wirtschaftlichen Aspekten beschäftigen. Laut STANDARD-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid soll das Selbstregulierungsorgan - gemäß einer neuen EU-Richtlinie - auch ein Auge darauf richten, dass Journalisten nicht über jene Unternehmen schreiben, von denen sie Aktien besitzen. Den Senaten soll ein Ombudsmann vorgelagert sein, der kleinere Beschwerdefälle im Vorfeld schlichten soll, DER STANDARD berichtete.

Die Regierung begrüßt das Unterfangen und hat in ihrem Koalitionsabkommen finanzielle Unterstützung zugesagt, sollten "alle relevanten Unternehmen und Titel" beteiligt sein. Ob die Politik darunter auch Wolfgang Fellners "Österreich" zählt, ist offen. Fellner will sich dem Presserat nur unter der Bedingung beugen, dass er Mitglied im VÖZ wird. "Außerhalb der Standesvertretung ist es für 'Österreich' denkunmöglich beizutreten oder gar etwaige 'Urteile' in irgendeiner Form anzuerkennen oder auch nur zur Kenntnis zu nehmen", sagte "Österreich"-Geschäftsführer Wolfgang Zekert.

Laut Föderl-Schmid dürfe man sich davon nicht erpressen und nicht davon abhalten lassen, gegebenenfalls auch gegen "Österreich" Verurteilungen auszusprechen. Sehr wohl im Presserat vertreten ist nach Angaben von Grünberger die "Kronen Zeitung", die Mitglied im VÖZ ist. Die Kosten für die Erhaltung des Presserates beziffert Grünberger mit 300.000 Euro jährlich - "es wäre wünschenswert, wenn sich die öffentliche Hand maßgeblich beteiligt".

Hintergrund

Bis zum Jahr 2001 lag die mediale Selbstkontrolle in der Hand des Presserats, der 1961 ins Leben gerufen worden war. Im Dezember 2001 hat allerdings der VÖZ - als einer von vier Trägern - seine Mitwirkung beim österreichischen Presserat aufgekündigt. Verhandlungen mit der Journalistengewerkschaft als zweite große Trägerorganisationen über eine Reform und Fortführung scheiterten, weshalb der VÖZ den Presserat Mitte 2002 endgültig verlassen. Übrig blieben die Journalistengewerkschaft, der Zeitschriftenverband (ÖZV) und der Presseclub Concordia.

Im Jahr 2004 wurde im Sinne einer Neuregelung der Selbstkontrolle unter dem Vorsitz des heutigen "Furche"-Chefredakteurs, Claus Reitan, der Verein der Chefredakteure gegründet. Versuche, neue Formen einer sozialpartnerschaftlichen Selbstkontrolle zu finden, sind bis zuletzt ergebnislos verlaufen. Von den Chefredakteuren wurde im Juni 2007 ein Alternativmodell zum Presserat initiiert, die sogenannte Leseranwaltschaft, die als eine Art "Beschwerde-Ombudsmann-Vermittlungsstelle" fungiert. Nicht zuletzt aufgrund mangelnder Bekanntheit konnte sich dieses Modell aber nicht durchsetzen. (APA)