Bis Donnerstag setzte sich der Abwärtstrend in Europa für den siebten Handelstag in Folge ungebremst fort. Der DJ Stoxx 600 lag mit -8,4% tief in den roten Zahlen. Immobilienfirmen (-16,3%), Banken (-14,3%) und die Automobilbranche waren die größten Verlierer. Kein Sektor verzeichnete ein Plus. Die Pharmabranche nahm mit -0,9% den geringsten Abschlag hin. Besonders der Dax (-11,1%) und der italienische MIB (-10,8%) brachen ein. Die EZB senkte den Leitzins um 50 Bps auf 2,0% - zuletzt stand der Satz im Dezember 2005 so tief.

Die Industrieproduktion in der Eurozone ist im November auf Jahressicht mit einer Rekordrate gesunken. Die Produktion ohne Baugewerbe ging um 7,7% zurück. Der Konsensus hatte lediglich einen Rückgang von 6,7% erwartet. Im Oktober war die industrielle Erzeugung um revidiert 5,7% gesunken. Schlechte Nachrichten kamen insbesondere vom Automarkt. Im Gesamtjahr 2008 legten nur 6 der 33 wichtigsten Automarken in Europa zu. Nissan war mit einem Plus von 8,8% der große Gewinner. Die Renault-Tochter Dacia (+6,2%) profitierte von ihrer breiten Einführung in Westeuropa und ihrem preisgünstigen Sortiment. Auch Audi und die Daimler Tochter Smart legte zu. Allein im Dezember wurden europaweit 17,8% weniger Neuwagen als im Vorjahr verkauft.

Laut einer aktuellen Studie von PWC ist 2009 in der EU und in den USA mit einem Produktionsrückgang von 12% und 16% zu rechnen. Weltweit sollen schätzungsweise 10% oder 7 Mio. weniger Fahrzeuge verkauft werden. Der europäische Automarkt wird sich schätzungsweise erst ab 2010 erholen und 2014 wieder das Niveau von 2007 erreichen können. Die französische Regierung denkt aufgrund der schwierigen Situation schon laut über ein direktes Hilfsprogramm für die schwer angeschlagene Autoindustrie nach. Bei Continental ist mit einer Kapitalerhöhung von EUR 1 Mrd. zu rechen, da die finanzielle Lage immer brenzliger wird. Die Aktie büsste diese Woche um 36,8% ein.

Handelskonzerne stehen vor unsicheren Zeiten

Der britische Einzelhandel verzeichnete 2008 das schlechteste Weihnachtsgeschäft seit 14 Jahren. Der Gesamtumsatz der Branche fiel im Dezember auf vergleichbarer Basis um 3,3%. Während sich große Lebensmittelketten wie Tesco oder auch Sainsbury's mit plus 4,5% beim Weihnachtsumsatz noch relativ wacker schlugen, sparen die Briten vor allem bei Bekleidung. Marks & Spencer meldete
einen Umsatzeinbruch von 7,1% über Weihnachten. Besser sieht es noch in Deutschland aus. Metro, Douglas und Arcandor haben ein stabiles Weihnachtsgeschäft verzeichnet. Metro steigerte 2008 seinen Umsatz auf EUR 68 Mrd. (+5,9%). Das Ebit- Wachstum soll in etwa dem Umsatz-Wachstum entsprechen. 2007 legte das Ebit noch um 8,8% zu. Vor allem in Spanien und Italien sowie in der Wachstumsregion Osteuropa schwächte sich die Nachfrage im wichtigen vierten Quartal ab.

Die Deutsche Bank meldet für das vierte Quartal und das Gesamtjahr Rekordverluste. Für das vierte Quartal wird nach vorläufigen Zahlen ein Minus von ca. EUR 4,8 Mrd. und für das Gesamtjahr einen Verlust von EUR 3,9 Mrd. erwartet. 2007 hatte es noch einen Rekordgewinn von EUR 6,5 Mrd. gegeben. Das Ausmaß der roten Zahlen im Schlussquartal kam unerwartet und die Aktie gab diese Woche fast 18% nach. Die Dividende soll EUR 0,50 pro Aktie betragen nach EUR 4,50 im Vorjahr. Zu den Anteilseignern der Bank zählt in Kürze auch die Deutsche Post mit 8%. Die beiden Firmen einigten sich auf neue Bedingungen für die Übernahme der Postbank.

Beiersdorf hat zum ersten Mal seit seiner Dax- Zugehörigkeit Quartalszahlen vorgelegt und gleich mit einem Rekordergebnis geglänzt: Der Gewinn stieg so hoch wie noch nie in der Firmengeschichte. Der Nivea-Produzent dürfte zu den wenigen Konzernen gehören, die 2008 besser abgeschnitten haben als 2007. Konzernweit stieg der Umsatz auf EUR 5,9 Mrd. (+8,4%) und der Gewinn legte auf EUR 555 Mio. (+25%) zu. Probleme bereitet jedoch die Tochter Tesa, sie leidete zum Jahresende unter einem rückläufigen Industriegeschäft aus der Autobranche. Der Konzern traute sich keinen Ausblick für das laufende Jahr zu geben. Heidelberg-Cement kommt zur Bedienung seiner Schulden in Milliardenhöhe um den Notverkauf von Firmenteilen nicht mehr herum. Angesichts rückläufigen Cash-Flows ist der Konzern in akuter Gefahr, seine Kreditbedingungen zu verletzen.

RWE und E.on bauen britische Atomkraftwerke

RWE steht vor einer der größten Übernahmen in seiner Firmengeschichte. Für EUR 9,3 Mrd. wird der Konzern Essent gekauft. Die Übernahme bildet den Startschuss für einen fast kompletten Ausverkauf der niederländischen Energiewirtschaft. Für den zweitgrößten Versorger Nuon sollen sich unter anderem Eni, Vattenfall und Dong interessieren. E.on und RWE gründeten derweil ein
Gemeinschaftsunternehmen für den Bau und Betrieb von Atomkraftwerken in Großbritannien. Zusammen wollen sie Kernkraftwerke mit einer installierten Leistung von mindestens sechs Gigawatt errichten.

Nächste Woche stehen die Zahlen von Nokia und Fiat am Programm. Besonders interessant werden die in die Zukunft gerichteten Komponenten des ZEW Index für Europa und Deutschland sein. Keine guten Nachrichten werden wahrscheinlich die Daten zu den Neuaufträgen der Industrie in der EU bringen.