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Wer ihn zum tschetschenischen Präsidenten machte, steht Ramazan Kadyrow auf die Haube geschrieben. Doch wer befehligte die Killer?

APA

Wien - Verfassungsschutz und Staatsanwaltschaft haben es nicht leicht. Den Mord an dem politischen Flüchtling Umar Israilow (27) aus Tschetschenien aufzuklären ist schwierigste Geheimdienstmaterie. Die Medien im Zaum zu halten ist fast unmöglich. Doch nach und nach bestätigen die Behörden, was längst durchgesickert ist: Dass Israilow vor dem Regime des Russland-treuen tschetschenischen Präsidenten Ramaza Kadyrow geflüchtet ist, dass er auch noch in Österreich in Todesangst gelebt hatte - und die Polizei wusste seit Frühjahr 2008, dass es eine angebliche "Todesliste" gibt, die 300 "abtrünnige" Tschetschenen umfassen soll. 50 davon in Österreich. Beweise für diese Liste seien aber nie aufgetaucht.

Die Killer waren Freitag nach wie vor auf der Flucht. Von den beiden gibt es ein brisantes Bild, das vergangenen Dienstag nur wenige Sekunden nach den tödlichen Schüssen beim Tatort in der Ostmarkgasse in Wien-Floridsdorf aufgenommen wurde. Das Bild (siehe kleines Foto) wurde dem Wiener Online-Dienst vienna.at zugespielt. Der dritte Mann, der im Verdacht steht, das Duo chauffiert zu haben, weist weiterhin jede Beteiligung zurück. Das Auto des Tschetschenen war unmittelbar beim Tatort gesehen und später unsachgemäß eingeparkt, mit halb offenen Fenstern entdeckt worden.

Doch nicht alles, was in den Medien kolportiert wird, stimme, meint zumindest der Vater des Opfers. Er gab am Freitag über Nadja Lorenz, die Rechtsanwältin der Familie Israilow, eine öffentliche Erklärung ab. Ali Israilow schildert darin, dass sich sein Sohn 2001 im Dorf Mesker-Yurt einer Widerstandsbewegung angeschlossen habe. 2003 sei der junge Mann von der Miliz unter dem persönlichen Kommando von Kadyrow (damals noch nicht Präsident) verhaftet worden. Umar sei gefoltert und schließlich gezwungen worden, Kadyrows Leibwache beizutreten. 2004, nachdem sein Sohn geflohen sei, sei er selbst verhaftet und gefoltert worden, schildert der Vater. Kadyrow soll einmal das Handy des Vaters benutzt haben, um Umar Israilov mit der Tötung des Vaters zu drohen. Letzterem gelang schließlich ebenfalls 2004 die Flucht nach Europa. Von hier aus strengte die Familie Verfahren gegen Kadyrow beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an (siehe Artikel unten).

Drei Jahre später gab die Russische Förderation einen internationalen Haftbefehl gegen Umar Israilow heraus, Österreich verweigerte jedoch die Auslieferung. Wie berichtet, fühlte sich die Familie bis zuletzt bedroht, der Polizei waren die Angaben aber "zu vage", um Personenschutz zu gewähren.

Ali Israilow hat keinen Zweifel daran, dass sein Sohn "seine Bemühungen, Gerechtigkeit zu suchen, mit dem Leben bezahlt hat". (Michael Simoner/DER STANDARD, Printausgabe, 17./18.1.2009)