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In den ukrainischen Transitpipelines herrscht noch immer gähnende Leere. Die Ukraine nimmt das russische Gas nicht an, lautet der Vorwurf des russischen Gaskonzerns Gasprom.

Foto: Reuters/Garanich

Im siebten Stock der Gasprom-Zentrale in Moskau liegt das Herzstück des russischen Gasriesen. Hier in der sogenannten Zentralen Produktions- und Transport Abteilung überwachen fünf Mitarbeiter die Gasströme in den russischen Pipelines. Momentan gibt es jedoch nicht viel zu kontrollieren. Denn in der Hauptexportleitung nach Europa, der Sojus-Pipeline, beträgt die Durchflussgeschwindigkeit derzeit null.

"Wir haben die Ukraine am Montag informiert, dass wir am nächsten Tag mit dem Transit von 99,2 Millionen Kubikmeter Gas beginnen", erklärt Abteilungsleiter Boris Posjagin vor der großen Anzeigetafel. Als Einspeisestation wurde Sudschba gewählt, da diese die Haupttransitstation sei. Von dort gelange das Gas auf kürzestem Weg nach Europa. Obwohl der Druck in der Pipeline 70 Atmosphären betrug, sei die Flussgeschwindigkeit innerhalb von zwei Stunden auf null abgesackt. "Das bedeutet, dass die Ukraine das Ventil zugedreht hat", sagt Posjagin.

Die ukrainische Naftogas wirft Gasprom die Manipulation der Öffentlichkeit vor und fordert weiterhin den Abschluss eines technischen Abkommens, das unter anderem regeln soll, wer für das technische Gas aufkommen soll.

Konsortium

Inzwischen zeichnet sich auf Betreiben einiger europäischer Gasversorger eine mögliche Lösung ab. Gasprom und der italienische Gasversorger Eni wollen ein Konsortium bilden, das das technische Gas, das zur Inbetriebnahme der Pipelines und Pumpstationen nötig ist, aufkauft. Nach der Lieferung des technischen Gases könne Russland wieder umgehend Gas durch die Ukraine nach Westeuropa leiten, sagte Eni-Chef Paolo Sarconi. Der Streit zwischen Russland und der Ukraine könne dann unabhängig vom Transit geklärt werden.

Auch die französische Gasgesellschaft Gaz de France und der deutsche Energiekonzern Eon meldeten ihr Interesse an. Jeder, der russisches Gas über die Ukraine erhält, ist eingeladen, mitzumachen sagte Gasprom-Export-Chef Alexander Medwedew in einer Telefonkonferenz.

Freitag Abend wurde aus Moskau gemeldet, dass es offenbar bereits eine Einigung zur Bildung dieses Konsortiums geben soll, und dass auch die österreichische OMV daran teilnimmt (siehe Artikel).

Ein Gipfel jagt den anderen

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am Freitag mit dem russischen Premierminister Wladimir Putin in Berlin zusammentraf, forderte eine rasche Beilegung des Streits. Zu einem möglichen Durchbruch könnte es bereits heute kommen. Der russische Präsident Dmitri Medwedew hat zu einem Krisentreffen nach Moskau eingeladen, an dem die ukrainische Premierministerin Julia Timoschenko, der Energieminister des EU-Vorsitzlandes Tschechien, Martin Riman, und EU-Energiekommissar Andris Piebalgs teilnehmen werden. Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko wollte nicht nach Moskau kommen und veranstaltete daher am Freitag seinen eigenen Krisengipfel. (Verena Diethelm aus Moskau, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.1.2009)