Grafik: Standard

Gäbe es die Grünen nicht, hätten wir in Österreich Atomkraftwerke. Das meinen 62 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher - höher Gebildete und deklarierte Anhänger der Grünen in besonderem Maße. Diese Aussage ist historisch ziemlich unscharf - die Absagen an die Atomkraft erfolgten 1978 durch das Volk und 1986 durch die Regierung; vor Einzug der Grünen ins Parlament. Aber sie zeigt, wie die Grünen in der Bevölkerung wahrgenommen werden.

Auch die in dieser Woche im Vorfeld des Bundeskongresses durchgeführte market-Umfrage für den Standard belegt, dass die Österreicher die Grünen auch 22 Jahre nach ihrem Einzug in den Nationalrat vor allem als eine Partei des Umweltschutzes sehen. Andere Verdienste werden der Partei, die seit mehr als einem Jahrzehnt von Alexander Van der Bellen geleitet worden ist, in weitaus geringerem Ausmaß zugetraut:

 

  • Dass Umweltthemen nicht vergessen werden - das wird den Grünen im gleichen Maß (62 Prozent) als Erfolg angerechnet wie die Verhinderung der AKWs.
  • Dass Nationalparks geschaffen wurden - das sehen noch 48 Prozent als Grünen-Verdienst.
  • Dass man versucht, Ausländer besser zu integrieren - hier meinen 39 Prozent, einen Erfolg der Grünen zu erkennen. Vor allem bei älteren und besser gebildeten Befragten sind die Grünen damit aufgefallen.
  • Dass Österreich ein vielfältiges Kulturleben hat, gilt immerhin 35 Prozent als ein Verdienst der Grünen.
  • Dass sich Österreich seiner problematischen Vergangenheit bewusst wird, sieht noch jeder dritte Befragte als Folge der grünen Politik.
  • Dass Waffengeschäfte wie Noricum und der Eurofighter aufgeklärt wurden, wird der Grünen-Partei von 31 Prozent angerechnet.
  • Dass die Studiengebühren abgeschafft wurden, ist nicht einmal in der Zielgruppe der unter 30 Jahre alten Befragten ein Thema. Nur 30 Prozent sehen hier einen Grün-Erfolg.
  • Dass das Bundesheer verkleinert wurde, geht nur noch für 23 Prozent als Folge des entsprechenden Bemühens der Grünen durch.

Immerhin acht Prozent der Österreicher sagen, dass die Grünen bei keiner dieser Fragen Erfolg gehabt hätten.

Aber das mag ja auch damit zusammenhängen, dass die Grünen in den letzten Monaten wenig politisch zu melden hatten. market-Chef Werner Beutelmeyer: "Zumindest seit der Nationalratswahl ist es den Grünen nicht mehr richtig gelungen aufzufallen. Wenn man die Österreicher fragt, welche Partei in der Öffentlichkeit besonders präsent ist, dann wird von 69 Prozent die SPÖ genannt und von 54 Prozent die ÖVP. Alle Oppositionsparteien tun sich momentan schwer, weil in einer Krise der Regierung mehr Aufmerksamkeit zuteil wird. Aber die Grünen liegen mit 13 Prozent Aufmerksamkeit sogar hinter dem BZÖ und der FPÖ, die bei 15 beziehungsweise 16 Prozent Aufmerksamkeit erregen."

Da fragt sich, was eine Partei tun soll - und diese Frage stellt sich nicht nur auf dem Bundeskongress in Klagenfurt. Sie wurde von market zu Beginn dieser Woche auch 500 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten gestellt.

24 Prozent meinen, dass es für Österreich besser wäre, wenn die Grünen (wie in ihrer Anfangsphase) ausschließlich einen harten Oppositionskurs einschlagen würden. 68 Prozent aber wünschen sich, dass die Grünen konstruktiv die Politik mitgestalten. Unter den bekennenden Grün-Anhängern ist dieser Wunsch sogar noch deutlich stärker ausgeprägt.

Im Parteienwettbewerb stehen die Grünen allerdings nicht besonders gut da. Der Standard ließ in der Umfrage Schulnoten an die Oppositionsparteien vergeben: Mit einem Notenschnitt von 3,12 steht die FPÖ am besten da - sie hat im Vergleich zu einer ähnlichen Umfrage im März 2008 die Grünen als beste Oppositionspartei abgelöst. Die Grünen kommen mit einem Schnitt von 3,30 auf den zweiten Platz, das BZÖist mit 3,42 abgeschlagen, wenn auch nicht sehr deutlich.
Wie die Grafik zeigt, sind die von der Bevölkerung wahrgenommenen Schwachstellen die Sicherheitspolitik ebenso wie die Außenpolitik, die Sicherung der Pensionen und die Wirtschaftspolitik.

Auch intern umstritten ist, ob die Grünen ihre positive EU-Linie weiterführen sollen: Nur neun Prozent der Befragten halten Österreichs Interessen in der EU bei den Grünen für sehr gut vertreten, weitere 26 Prozent sehen sie als "eher kompetent" - dagegen meinen 33 Prozent, die Grünen wären da weniger, und 20 Prozent, sie wären gar nicht kompetent. Auffallend: Auch erklärte Grün-Wähler sehen ihre Partei mehrheitlich als weniger oder gar nicht EU-kompetent an.
Beutelmeyer verweist darauf, dass die Grünen bei detaillierten Abfragen aber nicht nur in der Umwelt Profil gewonnen haben: "Sie sind eindeutig eine Menschenrechtspartei, die stehen für die Gleichstellung der Frauen, das wird inzwischen schon wahrgenommen."

Am Wochenende wird nun (nach Freda Meissner-Blau und Madeleine Petrovich) wieder eine Frau offiziell das Ruder bei den Grünen übernehmen. Ist sie besser als Van der Bellen? Die Österreicher sind gespalten: 35 Prozent halten Eva Glawischnig für die bessere Parteichefin, 38 Prozent ziehen Van der Bellen vor. (Conrad Seidl/DER STANDARD Printausgabe, 17./18. Jänner 2009)