Brüssel/Berlin/Wien - Die seit voriger Woche unterbrochenen Gaslieferungen aus Russland durch die Ukraine in die Europäische Union lassen die Gasvorräte rascher als erwartet schrumpfen. Am vergangenen Montag waren die Speicher nach Angaben der Brüsseler Gasspeicher-Organisation Gas Storage Europe im Durchschnitt zu 59 Prozent gefüllt - nach 69 Prozent sieben Tage zuvor. Übers Wochenende sollte der Füllstand auf unter 50 Prozent sinken. Deutschland und Österreich haben die größten Speicherkapazitäten.

Österreichs Vorräte "über dem europäischen Schnitt"

In heimischen Speichern können 2,4 Milliarden Kubikmeter Erdgas gespeichert werden. Zu Beginn des Lieferstopps vor zehn Tagen waren noch 1,7 Milliarden Kubikmeter Erdgas in den Speichern der OMV-Beteiligung Econgas. Die Vorräte sind "nicht substanziell weniger geworden", sagte ein OMV-Sprecher dem STANDARD. "Wir liegen über dem europäischen Schnitt."

Genaue Zahlen würden nicht genannt, da Konkurrenten sonst technische Details der Lagerhaltung ausrechnen könnten. Die Versorgung Österreichs sei auf drei Monate (gerechnet ab Beginn des Lieferstopps) gesichert. Weil sich Industrie und Stromerzeuger beim Gasverbrauch abstimmen, sollten bis April keine Versorgungsprobleme auftreten.

Pro Stunde wird den Speichern rund eine Mio. m3 Gas entnommen, das sind 24 Mio. m3 pro Tag und gut 700 Mio. m3 pro Monat. Kraftwerke wie jenes der EVN an der Theiss wurden inzwischen auf Ölbetrieb umgestellt. Dieses Kraftwerk benötigte im Vollbetrieb 200.000 Kubikmeter Gas pro Stunde.

Weiter Lösung gesucht

Unterdessen hat die Ukraine der EU nahe gelegt, vorübergehend die Zahlung des technischen Gases zu übernehmen. Das könnte eine Lösung sein, sagte Vize-Regierungschef Grigori Nemyrja der Welt.

Technisches Gas wird benötigt, um die Verdichterstationen entlang der Transitstrecke zu betreiben. Es ist eine Voraussetzung für die Wiederaufnahme des Gastransits. Auf diese Weise könnte wieder Gas in den Westen geliefert werden, bis sich Kiew und Moskau über den Gaspreis geeinigt haben.

Pro Tag müssten dafür rund 21 Mio. Kubikmeter Gas fließen. Zum Preis, den Kiew bis Jahresende zahlte, sind dies umgerechnet rund 2,9 Mio. Euro am Tag. (red/stro, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.1.2009)