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Das rollende Evangelium ist in den Straßen Madrids unterwegs.

Foto: REUTERS/Sergio Perez

Madrid - Nun ist es in Spanien endgültig zur offenen Propaganda-Schlacht zwischen Christen und Atheisten (unter mäßiger Anteilnahme der Gesamtbevölkerung) gekommen. Am Freitag präsentierte die katholische Vereinigung E-Cristians in Barcelona eine christliche Bus-Werbekampagne mit dem Slogan "Wenn alle Dich fallen lassen, Gott ist bei Dir". Bereits ab der kommenden Woche werden drei Busse mit der christlichen Werbung in Anlehnung an ein Sprichwort von Mahatma Gandhi durch Barcelona fahren. Spätestens Anfang Februar soll die Botschaft auch auf Stadtbussen in Madrid und Valencia geschaltet werden, erklärte Josep Miro, Präsident der spanischen Vereinigung E-Cristians.

Die Werbeaktion gilt als Protestreaktion gegen eine Initiative spanischer Atheistenverbände, die in mehreren Städten Spaniens mit Bus-Werbeplakaten offen für den Atheismus werben wollen. Die spanischen Atheistengruppen ahmen eine Kampagne des britischen Religionskritikers Richard Dawkins nach, die vor Monaten in London startete. Heute fahren rund 800 Busse mit der atheistischen Botschaft durch ganz Großbritannien.

"Wir werden prüfen, ob diese Werbung überhaupt legal ist, da sie unsere Religionsfreiheit angreift"

Die ersten beiden Busse mit dem Werbeslogan "Gott existiert wahrscheinlich nicht. Also mach Dir keine Sorgen und genieße das Leben" rollen bereits seit über einer Woche durch die spanische Mittelmeermetropole Barcelona. In Madrid startet die Buswerbeaktion erst am 26. Jänner. Danach sollen auch in Sevilla und Valencia Busse mit dem Slogan durch die Innenstädte fahren. Zahlreiche Katholiken fühlen sich von den Atheisten angegriffen. In Madrid kam ein evangelischer Priester der für Ende Jänner geplanten Aktion sogar zuvor und mietet auf zwei Madrider Linienbussen Werbeflächen, die er mit der Botschaft "Gott existiert doch. Genieße das Leben mit Christus" beschriften ließ.

"Es ist uns Gläubigen gegenüber einfach respektlos. Wir werden prüfen, ob diese Werbung überhaupt legal ist, da sie unsere Religionsfreiheit angreift", droht das spanische Beobachtungszentrum für anti-religiöse Diffamierung. Die heftige Reaktion einiger katholischer Vereinigung kann vor allem damit erklärt werden, dass sich Katholiken in Spanien seit einigen Jahren vor allem von der sozialistischen Regierung durch Reformen wie der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe, dem Entfernen katholischer Symbole aus öffentlichen Gebäuden und der nun geplanten Liberalisierung der Abtreibungsgesetze unter Druck gesetzt fühlen.

"Die Kampagne soll niemanden verletzten. Wir wollen nur darauf aufmerksam machen, dass es auch in Spanien Millionen von Menschen gibt, die nicht an Gott glauben", versichert Luis Vega, Präsident des Vereins Madrider Atheisten und Freidenker (AMAL). Während Vega von rund 20 Prozent Atheisten unter der spanischen Bevölkerung ausgeht, bezeichneten sich nach letzten Umfragen des staatlichen CIS-Instituts im November 2008 lediglich sieben Prozent der Spanier als Atheisten.

Angriffe aus dem Vatikan

Trotz vieler Proteste gegen die Atheisten-Plakate nehmen die meisten Katholiken die atheistische Werbekampagne nicht zu ernst. "Wir werden heutzutage mit so viel Werbung überhäuft. Da fallen die drei oder vier Busse doch gar nicht auf. Würde ich nicht täglich davon in der Zeitung lesen, hätte ich die Werbung nicht einmal bemerkt", sagt Ruben Calderon, der täglich einen der nun "atheistischen" Linienbusse in Barcelona nehmen muss.

Die katholische Kirche scheint ähnlich zu denken. Sie hält sich mit Kommentaren zurück. Lediglich Barcelonas Kardinal Lluis Martínez Sistach erklärte beim Start der atheistischen Werbeaktion in Barcelona, dass der Glaube an Gott "kein Grund zur Sorge ist und auch kein Hindernis, ehrlich das Leben zu genießen". Der Vatikan ging immerhin einen Schritt weiter. Der frühere Präsident des Päpstlichen Kulturrats, der französische Kardinal Paul Poupard, bezeichnete die atheistische Werbung auf spanischen und englischen Bussen als "dumm", "oberflächlich" und "lächerlich", da sie den Nichtglauben an die Existenz eines ("des") Gottes mit dem Genießen des Lebens verbindet. (APA/red)