Krise, welche Krise? Dies mag man sich angesichts knallvoller Wintersport-Hotels und des allsamstäglichen Gedränges vor den Läden auf der Mariahilfer Straße und anderen Shoppingmeilen vielleicht fragen. Doch in der Industrie ist die Krise bittere Realität. Das bekommen zunächst die Zeitarbeiter - plus 20 Prozent bei der Arbeitslosigkeit - und die nichtausgebildeten Hilfsarbeiter zu spüren. Sie verlieren als Erste ihre Jobs. Die Stammbelegschaften werden vorerst einmal auf Kurzarbeit geschickt, was je nach Verhandlungsgeschick des Betriebsrates einen Verdienstentgang von zehn bis 15 Prozent bedeutet.

Kurzarbeit gilt derzeit als das Wundermittel der Stunde: Facharbeiter waren in der Hochkonjunktur Mangelware. Die Betriebe wollen sie nun in der Krise nicht leichtfertig freisetzen, weil die Konjunktur wieder anspringen sollte, sobald die Banken, die der Weltwirtschaft das ganze Schlamassel eingebrockt haben, wieder ausreichend Kredite auch an gute Schuldner vergeben. Kurzarbeit ist kein billiges Mittel für Unternehmen: Das Arbeitsmarktservice lässt ihnen zwar Zuschüsse in Höhe eines "fiktiven Arbeitslosengeldes" zukommen, aber die Sozialversicherungsabgaben müssen trotz weniger Arbeit in vollem Umfang gezahlt werden.

Täglich mehr Unternehmen melden Kurzarbeit an. Die meisten sind indirekt oder direkt von der Autoindustrie abhängig, wie General Motors in Wien oder Voestalpine in Linz, jedoch sind längst auch andere - etwa Holzverarbeiter - betroffen. Ist die Krise kurz und schmerzhaft, wird die forcierte Kurzarbeit ex post als taugliches Mittel gesehen werden. Dauert die Rezession länger, wird es trotz Millionen für die Kurzarbeit Massenkündigungen geben.

Das AMS streitet mit dem Finanzministerium um mehr Mittel - auch für die Kurzarbeit, deren Ausmaß für die Arbeitsagentur nicht planbar ist. Gesetzlich stehen die 144 Millionen Euro dem AMS zu. Doch die Regierung ziert sich bei der Auszahlung - wohl auch deswegen, um bald, wenn es wirklich grimmig auf dem Arbeitsmarkt wird, selbstbeweihräuchernd noch einmal "mehr Geld" zuschießen zu können. (Leo Szemeliker, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17./18.1.2009)