Tel Aviv  - So unmittelbar ist Israels Fernsehpublikum bisher noch nie mit dem Leid der palästinensischen Zivilisten konfrontiert worden. Als der Moderator des privaten Channel 10 am Freitagabend, ähnlich wie schon in den Tagen zuvor, den palästinensischen Gynäkologen Issaldin Abu al-Aish anrief, war dieser in panischer Verzweiflung. "Meine Mädchen, oh Gott, sie haben meine Mädchen getötet", schrie er gepeinigt in sein Mobiltelefon, mitten in der Live-Schaltung zur besten Sendezeit. "Warum, warum nur?" wiederholte er immer wieder.

Doktor Al-Aish praktiziert sowohl im Krankenhaus von Gaza als auch in der Tel-Hashomer-Klinik nahe dem israelischen Tel Aviv. Er spricht fließend Hebräisch. Channel 10 schätzt ihn als Interviewpartner, weil er als zugeschalteter Gast der Abendnachrichten stets in sachlicher Weise über das Kriegsgeschehen zu berichten vermochte, wie er es in seinem Dorf Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen beobachtete.

Doch als ihn der Channel-10-Moderator Shlomi Eldar am Freitag anrief, war das Haus des palästinensischen Arztes gerade von einer israelischen Granate getroffen worden. Drei seiner Töchter starben bei dem Angriff, zwei weitere seiner acht Kinder waren wie er selbst verletzt. Auch ein Bruder und zwei Neffen kamen ums Leben. Verzweifelt versuchte Al-Aish, seine blutenden Kinder über den nahen, aber geschlossenen Grenzübergang Erez nach Israel zu bringen. Moderator Eldar begriff sofort die Situation. "Ich hoffe, dass jeder, der uns hören kann, das Militär, das Rote Kreuz, diesen Menschen hilft", rief er emotional in der laufenden Sendung.

Dank der Intervention des Senders konnte der Arzt schließlich mit den verletzten Kindern den Grenzübergang passieren. Eldar rief auch einen Sprecher des israelischen Militärs an, um herauszufinden, warum das Haus des Arztes beschossen worden war. Militante hätten von dort Raketen abgefeuert, lautete die Antwort. Al-Aish, der immer noch zugeschaltet war, war fassungslos. "Diese kleinen Mädchen feuerten Lachen und Liebe und Frieden ab, sonst gar nichts", sagte er. (APA/dpa)