Bild nicht mehr verfügbar.

Mauricio Funes mit Ehefrau Vanda Pignato in der Wahlnacht: "Option für die Armen."

Foto: Reuters/Leclair

Bild nicht mehr verfügbar.

Wahlsieger Mauricio Funes feiert in San Salvador mit seinen Anhängern.

Foto: AP/Luis Romero

Bild nicht mehr verfügbar.

Tausende Unterstützer von Funes strömten am Sonntag Abend auf die Straßen der Hauptstadt.

Foto: REUTERS/Luis Galdamez

Mit dem Sieg des Fernsehjournalisten Mauricio Funes bei der Präsidentschaftswahl in El Salvador setzt sich die Serie linker Wahlerfolge in Lateinamerika fort. Funes will aber mit den USA kooperieren.

*****

San Salvador/Puebla - Erstmals wird das mittelamerikanische Land El Salvador von einem linken Präsidenten regiert werden. Mauricio Funes (49) von der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Marti (FMLN) erhielt bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag 51,3 Prozent der Stimmen. Die rechte Nationalistisch-Republikanische Allianz (Arena) unterlag mit ihrem Kandidaten Rodrigo Ávila knapp mit 48,7 Prozent und muss nach 20 Jahren die Macht abgeben. Beide Parteien sind ein Erbe des blutigen Bürgerkriegs, der von 1980 bis 1992 das Land erschütterte und 75.000 Menschen das Leben kostete. Arena entstand aus den berüchtigten Todesschwadronen, die FMLN aus der Guerilla.

"Dieser historische Machtwechsel schließt das schmerzhafte Bürgerkriegskapitel und versöhnt das Land", sagte der 49-jährige Journalist Funes am Abend vor seinen jubelnden Anhängern am Sitz der FMLN in der Hauptstadt San Salvador. Er versprach, sich für Demokratie, Rechtsstaat und insbesondere die 35 Prozent Armen des Landes einzusetzen. Seinen unterlegenen Gegner rief er auf, die Intoleranz und den Revanchismus abzulegen und bot ihm Dialog und Zusammenarbeit an, um gemeinsam die Probleme des Landes zu lösen.

In San Salvador feierten FMLN-Anhänger ausgelassen mit den roten Parteifahnen auf den Straßen. Am Parteisitz von Arena herrschte dagegen Niedergeschlagenheit und Ungläubigkeit. Avila brauchte mehrere Stunden, bis er seine Niederlage eingestand und dabei von Parteigenossen mit den Rufen "Vaterland ja, Kommunismus nein" , aufgemuntert wurde. Auf das Gesprächsangebot von Funes ging er nicht ein. "Arena wird eine aufmerksame, konstruktive Oppositionsarbeit leisten und die Freiheit verteidigen", sagte er. "Die Wahl hat gezeigt, dass das Land in zwei gleich große Lager gespalten ist."

Funes versprach indes, die "Option für die Armen" werde sein Leitbild sein. Von einem sozialistischen Weg, den unter anderem Nicaragua, Venezuela, Ecuador und Bolivien eingeschlagen haben, war aber nicht die Rede. Vielmehr forderte er die Unternehmer zur Kooperation auf und versprach, das Privateigentum zu achten.

Seine Gegner sehen in Funes einen autoritären Sozialisten, einen Abklatsch des venezolanischen Präsidenten Hugo Chávez. Dieser hatte sich im Vorfeld "neutral" erklärt und der neuen Regierung "egal welcher Farbe" mehr Zusammenarbeit angeboten. Im verarmten Mittelamerika profitieren bisher Honduras, Nicaragua und Costa Rica von verbilligten Erdöllieferungen aus Venezuela. Auch die US-Regierung hatte erklärt, sie erwarte in beiden Szenarien gute Zusammenarbeit mit der neuen Regierung. Er sei an einer Kooperation mit Venezuela interessiert, die Beziehungen zu den USA seien aber prioritär für ihn, hatte Funes in einem Interview mit dem Standard gesagt.

Wirtschaft am Boden

Der politisch unerfahrene TV-Journalist, der im Juni sein Amt antritt, wird vor großen Herausforderungen stehen. El Salvador gehört mit knapp 50 Morden auf 100.000 Einwohner zu den gewalttätigsten Ländern der Erde. Das Land von der Größe eines Viertels Österreichs, das früher Zucker, Kaffee, Indigo und Baumwolle produzierte, lebt inzwischen hauptsächlich von den Devisenüberweisungen ausgewanderter Landsleute. Rund 2,5 Millionen Salvadorianer leben und arbeiten in den USA, 40 Prozent der Erwerbsfähigen im Land sind arbeitslos oder unterbeschäftigt. Die FMLN stellt zwar die knappe Mehrheit im Kongress, aber um die vielen anstehenden Reformen in Angriff zu nehmen, ist nach Ansicht des Analysten Roberto Izurieta von der Universität George Washington ein nationaler Pakt vonnöten.

Funes ging auf eine Jesuitenschule, studierte dann Literaturwissenschaften an der Katholischen Universität und stieg mit Berichten über den Bürgerkrieg in den Journalismus ein. 16 Jahre lang war er Korrespondent des US-Nachrichtensenders CNN in El Salvador und produzierte sein eigenes, preisgekröntes Reportage- und Interviewprogramm im salvadorianischen Fernsehen. Unzählige Missstände und Korruptionsfälle deckte er auf - bis er auf politischen Druck hin im Jahr 2005 entlassen wurde. Das war jedoch ein schwerwiegender Fehler seiner rechten Gegner, denn die Zensur steigerte Funes' Popularität noch. (Sandra Weiss/DER STANDARD, Printausgabe, 17.3.2009)