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Europäerin mit Sinn für Entwicklungspolitik: Ulrike Lunacek

Foto: Reuters / DANIEL RAUNIG

Am Sonntag hat Ulrike Lunacek geschafft, was sie schon vor zehn Jahren angestrebt hatte: anstelle von Johannes Voggenhuber die Liste der Grünen für die Europawahl anzuführen. Damals war sie nicht nur dem Salzburger Konkurrenten unterlegen, sondern auch der längst wieder vergessenen Schauspielerin Mercedes Echerer.

Lunacek blieb in Wien, engagierte sich als außenpolitische Sprecherin der Grünen und gewann zunehmend Profil - auch wenn man mit Außenpolitik nicht berühmt werden kann, zeigte sie doch, wie man als Oppositionspolitikerin fachliche Anerkennung erwirbt.

Dolmetschstudium in Innsbruck

Dabei hat sie nicht verlernt, ihre Träume zu pflegen. "Am liebsten würde ich leben: in Österreich und in einem lateinamerikanischen Land, halbjährlich abwechselnd", gab sie auf der lesbisch-schwulen Website www.gruene-andersrum.at an. Während ihres Dolmetschstudiums in Innsbruck war die Tochter von Heinrich Lunacek, dem langjährigen Chef der Raiffeisen Ware Austria (RWA), monatelang in Südamerika unterwegs. So lernte sie, wie sich der Nord-Süd-Konflikt in der Praxis auswirkt - und das Erlernte setzte sie wiederum in Österreich um.

Zunächst nicht bei den Grünen, sondern ab 1989 beim Österreichischen Informationsdienst für Entwicklungspolitik (ÖIE). Entwicklungspolitik blieb dann ihr Schwerpunkt, immer mit dem wachen feministischen Blick. Sie bekennt sich auch mit größter Selbstverständlichkeit zu ihrer Homosexualität - das habe einmal Mut gekostet, aber viel Heimlichtuerei erspart, hat sie dazu erklärt. Und der Karriere geschadet hat es auch nicht.

NGO-Delegierte

So war sie 1994 österreichische NGO-Delegierte bei der UNO-Weltbevölkerungskonferenz in Kairo und koordinierte ein Jahr später für die nichtstaatlichen Organisationen die Pressearbeit für die Weltfrauenkonferenz in Peking.

Nebenbei pflegte sie ihre sportlichen und künstlerischen Ambitionen: Lunacek ist eine begeisterte Schwimmerin und hat Theatererfahrung als Pantomimin.

Da war die 1957 in Krems Geborene schon auf dem Sprung in die Politik: 1995, als die Grünen eine Wahlschlappe erlitten, verpasste sie den Einzug ins Parlament. Kurz danach wurde sie für zwei Jahre Bundesgeschäftsführerin der Grünen. Ein Jahrzehnt später, 2006, wurde sie (gemeinsam mit dem Belgier Philippe Lamberts) zur Sprecherin der europäischen Grünpartei (EGP) gewählt - ab Juni wird sie die europäische Grünpolitik (und nicht nur nationale Interessen) im Parlament in Straßburg vertreten. (Conrad Seidl, Der Standard, Print, 19.1.2009)