Wien - Die Bekämpfung der Armut werde weiterhin im Zentrum der Sozialpolitik stehen, erklärte Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) am Montag anlässlich der Präsentation des zweiten Armuts- und Reichtsumsbericht. "Mit der Umsetzung der bedarfsorientierten Mindestsicherung werden wir ein weiteres wichtiges Instrument zur Armutsbekämpfung erhalten", so Hundstorfer in einer Aussendung.

Die Mindestsicherung soll "so rasch wie möglich" umgesetzt werden, hieß es aus dem Büro des Ministers gegenüber der APA. Sollte einzig Kärnten dagegen sein, hätten die anderen Bundesländer zu entscheiden, ob diese Maßnahme ohne Kärnten umgesetzt werde. Ziel wäre jedenfalls eine bundesweite Lösung.

Caritas-Präsident Franz Küberl bezeichnete die Ergebnisse des Armuts- und Reichtumsberichts als "Armutszeugnis" für Österreich. "Um den heimischen Sozialstaat sicher in die Zukunft zu führen, muss man ernsthaft in Überlegungen zu einer Vermögenszuwachssteuer einsteigen", erklärte Küberl. Er sprach sich auch für eine "zügige Umsetzung" der bedarfsorientierten Mindestsicherung aus.

Für viele Menschen unverständlich

Die Volkshilfe drängt ebenfalls auf eine rasche Umsetzung: "Es ist für viele Menschen unverständlich, dass für die Benken in kürzester Zeit Milliarden zur Verfügung gestellt werden, die Einführung der Mindestischerung aber auf sich warten lässt", so Volkshilfe Präsident Josef Weidenholzer. Neben der Mindestsicherung macht sich die Organisation außerdem für eine solidarische Pflegesicherung stark, da Pflegebedürftigkeit immer noch ein Armutsrisiko darstelle.

Das BZÖ forderte angesichts der steigenden Zahl der "working poor" einen Mindestlohn von 1.300 Euro brutto. "Wer arbeitet, der muss von seinem Lohn auch anständig leben können", erklärte Sozialsprecherin Ursula Haubner. Sie sprach sich auch für die Einführung eines "Generationengeldes" aus, als finanzielle Anerkennung unbezahlter sozialer Leistungen wie Kindererziehung oder Pflege.

Grüne: Defizite im Sozialsystem

Grünen-Sozialsprecher Karl Öllinger ortet Defizite im österreichischen Sozialsystem, da es nicht vor Armut schützt. Er forderte deshalb die sofortige Anhebung des Arbeitslosengeldes und der Notstandshilfe. Eine Grundsicherung müsse zudem sicherstellen, dass die Menschen nicht in Armut "dahinvegetieren". "Und sie muss Betroffene dabei unterstützen, neue Perspektiven zu entwickeln. Beide Bedingungen erfüllt das Regierungsmodell leider nicht", so Öllinger.

Eine solidarische Gesellschaft hätte dafür zu sorgen, dass Arbeitslosigkeit nicht zur Armutsfalle wird, erklärte Bernhard Achitz, Leitender Sekretär im ÖGB. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung, auf Grund der Wirtschaftskrise noch wichtiger, müsse rasch umgesetzt werden - "und zwar österreichweit", betonte Achitz.

"Verfehlte rot-schwarze Sozialpolitik"

Das "Working poor-Phänomen", also Menschen, die trotz Arbeit unter der Armutsgrenze leben, sei ein Resultat "verfehlter rot-schwarzer Sozialpolitik", erklärte FPÖ-Sozialsprecher Herbert Kickl am Montag in einer Aussendung. Die Schutzinteressen der Arbeitnehmer würden immer weiter untergraben, ÖVP und SPÖ seien nur Erfüllungsgehilfen eines "neoliberalen EU-Kurses", kritisierte Kickl. (APA)