Wien - Wenn Elina Garanča das Podium betritt und den aufbrausenden Beifall mit einem beinah anachronistisch vollendeten Knicks quittiert, könnte man meinen, diese nordische Schönheit kann jetzt nur mit der Ballade der Senta aus Wagners Fliegendem Holländer loslegen oder, wenn schon italienisch, dann vielleicht mit Desdemonas Lied von der Weide aus Verdis Otello. Doch, wie man weiß, ist die Garanča ein Mezzo - zu ihrem Glück, weil, wie sie einmal verraten hat, sie tiefe Stimmen "einfach geil" findet.

Ganz besonders, wenn es sich um die ihre handelt, teilt das Publikum diese Meinung. Das hat es im zum Bersten vollen Großen Musikvereinssaal, wo Garanča, begleitet vom Basler Kammerorchester, vier Mozart-Arien zum (im wahrsten Sinn des Wortes) Besten gab, mit Nachdruck bewiesen; auch wenn sich einem die von ihr gewählte Bezeichnung zur Charakterisierung ihres Gesanges nicht gerade aufdrängt. Mit zu großer Ruhe und überlegener Eleganz bringt Garanca ihre Stimme ins Spiel, wie gleich zu Beginn in Alma grande e nobil core.

Was Patricia Petibon an Gestik einbringt, spielt sich bei Elina Garanča im Innenleben der in allen dynamischen Stärkegraden und in allen Lagen perfekt gestalteten Töne ab. Es sind die Vibrationen, die durch die mehr oder minder starke Zügelung ihres Temperaments entstehen, explosive Implosionen einer hochdifferenzierten Tongebung, die ihrer Gestaltung die dramatische Relevanz verleihen. Und dies nicht nur an den Forte-Stellen, wie in der Arie des Sesto aus La Clemenza di Tito oder in Susannas schwärmerischer "Rosenarie" aus Le nozze di Figaro oder in Fiordiligis Treueschwüren in Così fan tutte.

Absolut "ungeil" war hingegen die instrumentale Folie, die diese Arien umrahmte und um zwei überflüssige Symphonien auch noch erweiterte. Das Basler Kammerorchester unter der Leitung des Gatten Garančas, Karel Mark Chichon, spielte überwiegend zwar präzise doch von fast amusischer Betulichkeit. Und der durch gestische Hektik des Dirigenten verursachte Lärm in Haydns Symphonie in G-Dur (Hob. I:88) und das aus allen Fugen geratene rhythmische Gehudel in Felix Mendelssohn-Bartholdys Italienischer Symphonie (A-Dur) waren dem vokalen Teil völlig unangemessen. (Peter Vujica, DER STANDARD/Printausgabe, 20.01.2009)