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Ein israelischer Polizist zeigt UN-Generalsekretär Ban Ki-moon Hamas-Raketen, die in Israel eingeschlagen waren. Ban hatte am Dienstag den Gazastreifen besucht und sich entsetzt über die dortige Zerstörung gezeigt.

Foto: Photo by Baz Ratner-Pool/Getty Images

Frankreich will eine Regierung der nationalen Einheit unter Bedingungen als Gesprächspartner akzeptieren.

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„Wenn es morgen eine Regierung der nationalen Einheit gibt, werden wir nicht den Raum verlassen, weil es Hamas-Minister gibt. Schließlich gibt es auch Hisbollah-Minister in der libanesischen Regierung", mit der Frankreich eng kooperiere: Ein Sprecher des französischen Präsidialamtes signalisierte am Mittwoch, sein Land könnte einen Schritt auf die weiterhin als Terrororganisation eingestufte Hamas zugehen, wenn sich diese auch bewege.
Bisher gibt es keine offiziellen Kontakte auf politischer Ebene zwischen Hamas und der EU bzw. den Mitgliedstaaten. Aktuell sind es drei Bedingungen, die Hamas erfüllen müsste, um als Gesprächspartner akzeptiert zu werden: Gewaltverzicht, die Anerkennung des Existenzrechtes Israels und die Verpflichtung, Abkommen früherer palästinensischer Führungen zu akzeptieren.

Lockerung möglich

Hier deutete das französische Präsidialamt eine mögliche Lockerung an: Es gebe ein Element, das wichtiger sei als die anderen: der Gewaltverzicht.
Frankreich macht sich laut AFP zudem für die Abhaltung einer internationalen Konferenz stark, um auf die Gründung eines palästinensischen Staates hinzuarbeiten. Dadurch soll nach den Worten des Präsidialamt-Sprechers nach der Waffenruhe im Gazastreifen eine Dynamik für Friedensverhandlungen erzeugt werden.

Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat in seiner Eigenschaft als Ko-Vorsitzender der Mittelmeerunion gemeinsam mit Ägyptens Staatschef Hosni Mubarak eine Konferenz gefordert, um die Gaza-Waffenruhe in einen dauerhaften Frieden umzuwandeln.
Die vom palästinensischen Präsident Mahmud Abbas am Montag auf dem Gipfel der Arabischen Liga in Kuwait vorgeschlagene palästinensische Einheitsregierung sei „der Anfang von allem", sagte Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner.
Die Außenminister der EU sprachen im Rahmen eines Sondertreffens in der Nacht auf Donnerstag über erste Hilfsmaßnahmen und folgende Schritte zum Wiederaufbau des Gazastreifens. Bisher hat allerdings nur Saudi-Arabien eine Milliarde Dollar als Aufbauhilfe zugesagt.
„Aufbauhilfe zu leisten, ohne mit der Hamas zu sprechen, das wird schwierig", meinte ein Experte in Brüssel. Eine Änderung der Haltung gegenüber der Hamas kann nur durch einen einstimmigen Beschluss aller 27 Mitgliedstaaten erfolgen, doch davon sei man weit entfernt, die Meinungen der einzelnen Länder gingen hier weit auseinander, hieß es in Brüssel. Ob die EU mit einer palästinensischen Einheitsregierung mit Beteiligung von Hamas und der gemäßigteren Fatah in Kontakt treten könnte, hänge vor allem vom Regierungsprogramm und der damit verbundenen Position zu Israel und zur Gewalt ab, sagte eine Expertin in Brüssel.

International isoliert

Nachdem die Hamas im Jänner 2006 die Parlamentswahlen gewonnen hatte, übernahm sie die Regierung. Der damalige Premier Ismail Haniyeh und sein Kabinett waren aber von der internationalen Gemeinschaft finanziell und diplomatisch boykottiert worden, weil die Hamas auf der Liste der Terrororganisationen in den USA und der EU steht und sich weigert, Israel explizit anzuerkennen. Der Machtkampf zwischen der Fatah und der Hamas führte im Juni 2007 zu der Machtübernahme der Hamas im Gazastreifen. Abbas löste die Hamas-geführte Einheitsregierung auf und setzte im Westjordanland ein international anerkanntes Fatah-Notstandskabinett unter Salam Fayyad ein.
Abbas, dessen reguläre vierjährige Amtszeit am 9. Jänner endete, hatte ein von der Hamas nicht akzeptiertes Wahlgesetz erlassen, wonach Parlament und Präsident gemeinsam im Jänner 2010 gewählt werden sollen. (Michael Moravec aus Brüssel, DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2008)