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George W. Bush hinterließ seinem Nachfolger, dem 44. Präsidenten, ein paar Anregungen auf dem Schreibtisch.

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Erster voller Arbeitstag mit Kirchgang, Beratungen über die Wirtschaft und über die Sicherheitslage.

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Schon morgens um fünf lauerten die ersten Reporter in eisiger Kälte vorm Weißen Haus: Wann würde drinnen das Licht angehen? Vor den Gittern der Residenz waren Bautrupps noch damit beschäftigt, die Stahlgerüste der Tribünen auseinanderzuschrauben, auf denen man tags zuvor der Jubelparade zu Ehren des 44. Präsidenten zuschauen konnte. Drinnen im West Wing machte sich die Administration Barack Obamas ans Werk. Nach dem Lampenlicht zu urteilen, müssen die ersten Beamten um fünf Uhr an ihren Schreibtischen gesessen haben.
Rahm Emanuel, der neue Stabschef, hatte bereits am Vorabend auf Weisung Obamas auf Eis gelegt, was George W. Bush zuletzt an Direktiven erlassen hatte. Mitternachtsnovellen, wie der Volksmund sie nennt, ein Regelwerk, das der Texaner buchstäblich fünf vor zwölf noch durchdrücken wollte. So sollten bestimmte Naturschutzgebiete zur Öl- und Gasförderung freigegeben, sollten Auflagen zum Schutz von Arbeitern vor giftigen Chemikalien gelockert werden. Diejenigen Novellen, die noch keine Gesetzeskraft haben, konnte die neue Riege stoppen. Welche es betraf, wollte sie zunächst nicht bekannt geben.

Für den Präsidenten selbst begann „Day One" mit einem Gebet, gewissermaßen dem Schlussakt des Pomps der Amtseinführung. Mit den Bidens, Joe und Jill, und den Clintons, Bill und Hillary, saßen die Obamas in der ersten Reihe der National Cathedral.
Dann rief Obama vier nahöstliche Politiker an, den Palästinenser Mahmoud Abbas, den Israeli Ehud Olmert, König Abdullah von Jordanien und Ägyptens Hosni Mubarak. Die Telefondiplomatie sollte signalisieren, dass er der Krisenregion höchsten Stellenwert einräumt, nachdem er für sein Schweigen während des Gaza-Krieges kritisiert worden war.
Auf seinem Schreibtisch im Oval Office stapelten sich unterdessen die ersten Papiere, die es zu signieren galt. Eines suspendiert die Militärtribunale im Gefangenenlager Guantánamo, vorerst für 120 Tage. Innerhalb dieser Frist will die neue Regierung klären, wer von den 250 Häftlingen freigelassen, wer in ein Drittland abgeschoben und wer in den USA vor Gericht gestellt wird.
Als Nächstes stand ein Treffen Obamas mit seinen wichtigsten Wirtschaftsberatern auf dem Programm, allen voran Lawrence Summers, der unter Bill Clinton Finanzminister und später Rektor der Eliteuniversität Harvard war.

Konjunktur-Beratung

Die Runde wollte beraten, wie sich das angepeilte Konjunkturpaket (825 Milliarden Dollar) am besten im Kongress durchsetzen lässt. Zwar stellen die Demokraten sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat die Mehrheit. Aber auch in ihren Reihen beginnen die ersten Volksvertreter zu murren, denn eine im Herbst beschlossene 700-Milliarden-Finanzspritze zur Banken-Rettung zeigte bis dato kaum Wirkung. Weiters möchte Obama die Republikaner mit ins Boot holen, soll ein über gemeinsam beschlossenes Krisenpaket seine Botschaft vom nationalen Schulterschluss untermauern.

Schließlich waren Besprechungen mit der Militärführung und dem Nationalen Sicherheitsrat angesetzt. Neben dem Abzug aus dem Irak ging es um die künftige Strategie in Afghanistan, wo das US-Kontingent um 30.000 Soldaten aufgestockt werden soll. Mit dabei: Fachleute, die schon unter Bush an den Schalthebeln saßen, etwa der alte und neue Verteidigungsminister Robert Gates und die Irak-Generäle David Petraeus und Raymond Odierno. (Frank Herrmann aus Washington, DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2009)