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Eskalationen zwischen Migranten, wie am Dienstag in El Ejido, gab es im September auch in Roquetas del Mar. Tagelang brannten Geschäfte und Pkws.

Foto: Reuters/STRINGER/SPAIN

Die Finanzkrise trifft Arbeitsmigranten in der Gemüsekammer Europas rund um Almería hart. Immer wieder kommt es zu heftigen Konflikten. Am Dienstag endete ein Streit einmal mehr tödlich - VonJan Marot aus Granada

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Ein 26-jähriger Malier starb am Dienstag an den Kopfverletzungen, die er bei einer Schlägerei zwischen Migranten bei El Ejido, einer Stadt nahe Almería, erlitten hatte. Der Ort erlangte bereits 2000 wegen Krawallen traurige Berühmtheit, als Spanier auf "Immigrantenjagd" gingen. Eine Gruppe von Migranten suchte am Dienstag Arbeit in den Gewächshäusern um Almería. Mit dabei war der mutmaßliche Täter, der ebenso aus Mali stammt. Sieben Verletzte forderte sein Gewaltausbruch. Laut Polizei hatte ein Streit um das Fahrrad des Opfers den Konflikt ausgelöst.

Zu Auseinandersetzungen wie diesen kam es in den vergangenen Monaten in der Gegend rund um Almería immer wieder. Wo Europas Paradeiser und Gurken unter einem "Meer" von Plastik wachsen, schwelt neue Rivalität zwischen Migranten aus Nordafrika und Einwanderern der Subsahara-Region - mehr als 100.000 Senegalesen sind in der hiesigen Agrararbeiter-Gewerkschaft gelistet. Arbeits- und Hoffnungslosigkeit im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise gelten als Auslöser für die Gewalt unter den Marginalisierten.

Dabei soll nach Angaben von Spaniens Innenminister Alfredo Pérez Rubalcaba die Zahl der illegalen Einwanderer 2008 stark gesunken sein. 2006 kamen noch 31.678 Menschen in Holzbooten auf den Kanaren oder in Andalusien an, 2008 waren es 13.424.

"Der Feind ist die Misere"

"Schwarze und Braune kämpfen um die Tageslöhne", fasst Spitou Mendy, Delegierter der örtlichen Landarbeitergewerkschaft die Situation zusammen. Sein Name ist Programm, bedeutet dieser in der afrikanischen Sprache "Wolof" doch "Respekt". "Der Feind ist nicht, wer gemordet hat", erklärt Spitou, "der Feind unser aller ist die Misere." Fast wie zu Zeiten der Sklaverei gebe es "Vermessungen", bei denen die kräftigsten Arbeiter ausgewählt werden, empört sich der Gewerkschafter.

In aus Plastikresten gefertigten Behausungen leben die Ärmsten der Zuwanderer. Andere teilen sich zu Dutzenden Kleinwohnungen - wie in Roquetas del Mar, wo im vergangenen September nach einem Mord an einem Senegalesen tagelang Autos und Mülltonnen brannten. "Wir wollen Gerechtigkeit", sagte Amy Trivioli aus Mali damals zum Standard. Solche Ausschreitungen hätte sie "noch nie gesehen", man lebe doch "friedvoll zusammen". Der Polizei sei jedoch "Little Afrika" egal, sagte sie. Entweder sie komme gar nicht, oder zu spät.

Wie auch in La Mojonera, nahe Almería. Hier wurde Sega B. aus Mali im Dezember von einem Marokkaner ermordet. Der Inhalt seiner Geldtasche war zugleich sein Todesurteil. Er hatte gerade seinen Tageslohn - zwischen 20 und 30 Euro - erhalten. Dem Mord folgte Rache. Geschäfte von Marokkanern brannten vor den Augen der überforderten Polizei aus. Handys und Fahrräder, für viele das einzig leistbare Transportsmittel, wurden gestohlen.

Ricard Zapata, Politikwissenschafter in Barcelona, hofft auf ein lokales Wahlrecht für Almerías Migranten - ähnlich jenem, das Peruanern und Kolumbianern erteilt wurde. "Dann hören falsche Polit-Diskurse auf", sagt Zapata. Alfredo Abad, Generalsekretär der staatlichen Flüchtlingshilfe CEAR fordert "Migranten nicht als reine Arbeitskraft oder Ware zu sehen - sondern als Menschen". (Jan Marot aus Granad, DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2009)