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Noch geht der Blick des Plakatauges ins Leere. Die Werbetafel von morgen findet jedoch mittels Gesichtserkennungssoftware heraus, wer an ihr vorbeiflaniert, und präsentiert ein passendes Produkt.

Foto: APA/EPA/EPA/Peter Steffen

Der japanische Telekommunikationsdienstleister NTT Communications testet eine digitale Werbetafel, die zählen kann, wie viele der vorbeiströmenden Passanten auf sie blicken. Die Technik soll Werbeunternehmen helfen, die Wirksamkeit ihrer Werbung zu messen und zu verbessern.

Werberevolution

Doch der Testlauf ist nur der erste Schritt auf dem Weg zur wahren Werberevolution: der interaktiven Werbetafel, die ihre Werbung Passanten gezielt anpasst. "Wir erforschen derzeit die Einordnung des Geschlechts und des Alters von Passanten sowie die Bestimmung ihrer Bewegungsrichtung, um die Werbung auf dem Bildschirm dementsprechend zu ändern", sagt Projektsprecherin Yasuko Oka. Im Vergleich zum Film wirken die ersten Tests in den Laboren der japanischen Konzerne noch ein wenig grob: Während die Werbetafeln im Film Tom Cruise mit Namen kennen, kann derzeit nur auf breite Zielgruppen eingegangen werden.

Eine Bar für die Männer

Wenn nach Feierabend zwei oder mehr Männer an der Werbung vorbeilaufen, wird zum Beispiel eine Bar aus der Umgebung eingeblendet. Bei einem jungen Pärchen wäre es vielleicht der Juwelier in der Nachbarschaft. Die neue Technik könnte auch das Geschäftsmodell der Werbeagenturen umwälzen. Auftraggeber müssen ihre Außenwerbung nicht mehr pauschal nach Größe der Werbung und Zeitdauer der Schaltung abrechnen, sondern könnten es wie bei Internet-Werbung im Pay-per-view-Verfahren tun - quasi Blick- statt Klickraten. Hinter der sehenden Werbung steckt hochleistungsfähige Gesichtserkennungssoftware wie sie in abgespeckter Version auch in Digitalkameras eingesetzt wird.

Blickrichtung

Die Software kann nicht nur die Menschen zählen, sondern auch anhand des 2-D-Bildes die Blickrichtung der Passanten errechnen. Als Erste bedienen sich Autokonzerne dieser Funktion, um das Einschlafen am Lenkrad zu verhindern. Eine Videokamera hält das Gesicht des Fahrers im Blick, und die Software errechnet, ob der Fahrer müde oder abgelenkt ist. Das Auto kann den Fahrer dann warnen. Doch damit sind die Möglichkeiten noch lange nicht ausgereizt. Auch die automatisierte Identifizierung von Personen sei heute damit schon möglich, gibt Oka zu. Wie einfach das geht, zeigt ein Blick auf das Gesichtserkennungsprogramm "Okao Vision" des japanischen Elektronikherstellers Omron.

Gesichtsabdruck

Omrons Software legt eine dreidimensionale Maske aus 28 Punkten auf ein Gesicht und erstellt daraus eine Art Gesichtsabdruck. Verbunden mit einer Personendatenbank, könnte sie auch die Namen von einem Dutzend Personen im Video in Echtzeit über den Köpfen einblenden und die Personen im Video verfolgen. Der Gesichtsabdruck ist vielleicht nicht so genau wie der technisch kompliziertere Iris-Scan aus "Minority Report". Aber für Werbung wäre die Methode allemal genau genug.(Martin Kölling aus Tokio/DER STANDARD, Printausgabe vom 22.1.2009)