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Meist melden sich betroffene Mädchen und Frauen erst kurz vor der geplanten Zwangsheirat oder nachdem diese bereits stattgefunden hat, so dass schnell gehandelt werden muss.

Foto: APA/AP/Naveed

Im Jahr 2008 hat die Menschenrechtsorganisation Terres des Femmes 197 Hilferufe von Frauen und Mädchen erhalten, die von Zwangsheirat oder Gewalt im Namen der sogenannten Ehre bedroht oder betroffen waren. Das entspricht einem Anstieg um fast 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, bilanzierte die Organisation mit Sitz im deutschen Thübingen am Donnerstag.

Morddrohungen gegen ein Drittel der Hilfesuchenden

"Insgesamt hat Terres des Femmes seit 2006 543 Frauen und Mädchen beraten, die von Zwangsheirat und Gewalt im Namen der Ehre bedroht oder betroffen sind. Gegen ein Drittel davon waren zum Zeitpunkt ihres Anrufes bereits Morddrohungen ausgesprochen worden", so Jasmine Olbort, Referentin für Einzelfallhilfe bei Terres des Femmes.

Meist melden sich die Mädchen und Frauen erst kurz vor der geplanten Zwangsheirat oder nachdem diese bereits stattgefunden hat, so dass schnell gehandelt werden muss. "Eine sofortige Flucht aus der Familie kann in einem solchen Fall Leben retten", so Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von Terres des Femmes.

Mehr Beratungsstellen und Schutzeinrichtungen nötig

Um den betroffenen Frauen auch weiterhin schnell und unbürokratisch helfen zu können, sei die Bereitstellung öffentlicher Mittel jedoch unerlässlich: "Diese Arbeit ist langfristig nicht allein durch Spenden zu finanzieren", so Stolle. Damit wäre ein konsequenter Ausbau des Hilfesystems möglich. Es müssen mehr Beratungsstellen und anonyme Schutzeinrichtungen geschaffen werden, die auf das Thema Gewalt im Namen der "Ehre" spezialisiert sind, ist die Hilfsorganisation überzeugt.

Umdenken

Außerdem müsse ein Umdenken in der Gesellschaft stattfinden: "Erst kürzlich hat ein Schulleiter zweier verschleppter Mädchen uns erklärt, das Erziehungsrecht liege bei den Eltern. Er könne sich da nicht einmischen. Diese Haltung muss sich ändern", so Olbort.

Koordinierungsstelle

Seit Dezember 2008 hat Terres des Femmes deshalb damit begonnen, eine bundesweite Koordinierungsstelle zum Thema Zwangsheirat/Gewalt im Namen der Ehre einzurichten. Ziel ist es, neben der Beratungsarbeit das bereits bestehende Hilfesystem weiter zu vernetzen und Aufklärungsarbeit zu leisten. Das Projekt wird vorerst zur Hälfte aus Mitteln des Europäischen Integrationsfonds gefördert. (red)