Von der Wirtschaftslage über den Irak bis zur geplanten Schließung von Guantanamo - Barack Obama hat sich an seinem ersten Arbeitstag gleich mit allen drängenden Themen befasst. Die größte Begeisterung bei Bürgerrechtlern löste der neue US-Präsident aber mit der Anordnung aus, Regierungsdokumente nur noch aus wichtigen Gründen unter Verschluss zu halten. Die Geheimniskrämerei von Obamas Vorgänger George W. Bush habe damit ein Ende, jubelte Melanie Sloan von der Gruppe Citizens for Responsibility and Ethics in Washington.

Freedom of Information Act

Die Bundesbehörden sollten Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (Freedom of Information Act) offener gegenüberstehen, erklärte Obama am Mittwoch: "Im Zweifel geht Offenheit vor." Bushs Regierung hatte mit dem Argument der nationalen Sicherheit in den vergangenen Jahren massiv versucht, Informationen unter Verschluss zu halten.

Dies solle nicht allein deswegen geschehen, weil dadurch Mitarbeiter in Verlegenheit geraten oder Irrtümer und Fehler ans Tageslicht kommen könnten, schrieb Obama. Der Versuch, persönliche Interessen von Regierungsmitarbeitern zu schützen, solle kein Grund sein. Außerdem werden die Behörden angehalten, aktiv nach Möglichkeiten für die Veröffentlichung von Informationen zu suchen - und diese zeitnah weiterzugeben. "Sie sollten nicht auf konkrete Anfragen aus der Bevölkerung warten", heißt es in dem Memo. Alle Behörden "sollten moderne Technik nutzen, um die Bürger darüber zu informieren, was ihre Regierung weiß und tut."

Signal

Dass Obama diese Maßnahmen gleich an seinem allerersten Arbeitstag in Angriff genommen habe, "signalisiert eine neue Ära in der Verantwortlichkeit der Regierung", sagte Sloan. Bürgerrechtler gehen davon aus, dass die Bevölkerung künftig über das Internet und andere elektronische Medien Zugang zu Informationen in noch nicht dagewesenem Ausmaß erhält. Lucy Dalglish von der Organisation Reporters Committee for Freedom of the Press sprach von einer "unglaublichen Botschaft" Obamas. Der Präsident der Nachrichtenagentur AP, Tom Curley, sagte, damit könne das öffentliche Vertrauen in die Regierung gestärkt werden.

Die Regierungen Carter und Clinton verfolgten bei der Informationsfreiheit eine ähnliche Politik wie Obama und wiesen die Behörden an, Informationsmaterial eher öffentlich zu machen als zurückzuhalten. Unter Ronald Reagan hieß es dagegen "Im Zweifel unter Verschluss halten". Und Bushs damaliger Justizminister John Ashcroft erklärte im Oktober 2001, er werde sich für alle rechtlichen Regelungen einsetzen, die das Zurückhalten von Informationen rechtfertigten.

Der Kongress versuchte diese Anordnung später zu umgehen und verabschiedete im Dezember 2007 ein Gesetz, das den Freedom of Information Act stützte. Unter anderem wurde eine Telefonhotline zur Beratung von Bürgern eingerichtet, die Informationen anfordern wollten. Mit Obamas Entscheidung vom Mittwoch ist Ashcrofts Memo endgültig überholt.

Auch für ehemalige Präsidenten hat Obamas Ankündigung Bedeutung: Sie werden in ihren Möglichkeiten eingeschränkt, Unterlagen über ihre Zeit im Weißen Haus unter Verschluss zu halten. Dem Memo zufolge können sie zwar weiterhin darum bitten, dass bestimmte Dokumente nicht veröffentlicht werden, dies aber nicht bei den Nationalarchiven anordnen.

Damit hebt Obama eine Anordnung Bushs von November 2001 vollständig auf, die den nach der Watergate-Affäre 1978 verabschiedeten Presidential Records Act betraf. Ein Bundesrichter hatte sie 2007 bereits teilweise für ungültig erklärt.

12-Jahre

Der Presidential Records Act sieht vor, dass die Unterlagen und Aufzeichnungen von Präsidenten nach deren Amtszeit Eigentum der Regierung werden. Nach zwölf Jahren müssen sie größtenteils der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Bush hatte ehemaligen Staatschefs, ihren Stellvertretern und Erben wesentlich größere Rechte bei der Geheimhaltung der Dokumente über die 12-Jahres-Frist hinaus eingeräumt.

Obamas Memo sieht nun vor, dass einer Veröffentlichung nur unter bestimmten Gründen widersprochen werden kann. Dieses Recht haben außerdem nur noch lebende Präsidenten selbst - innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach Bekanntwerden der geplanten Offenlegung. (Von Hope Yen/AP)