Linz - Dauerberieselung in Wirtshäusern, Zwangsbeschallung in Straßenbahnen und Musik nonstop in Geschäften und Einkaufszentren. Der Stadt Linz wird der akustische Müll zu viel, deshalb will sie ausmisten. Am Donnerstag beschloss der Gemeinderat einstimmig die sogenannte Linzer Charta gegen Lärm.
Die Idee, den öffentlichen Raum "menschenwürdiger" zu gestalten, stammt von dem Komponisten und musikalischen Leiter der europäischen Kulturhauptstadt (Linz09) Peter Androsch. Im Rahmen des Linz09-Projektes "Hörstadt" wurde seit vorigem Jahr an dem akustischen Stadtentwicklungsprogramm gearbeitet. Das Neue daran: Es sollen nicht wie in Lärmkatastern Geräuschquellen registriert werden, um dann mögliche Schutzmaßnahmen treffen zu können. Vielmehr gehe es darum, Ruhezonen in der Stadt zu schaffen, indem alle öffentlichen Räume von vornherein von permanenter Beschallung freigehalten werden. Linz sei damit europaweit die erste Stadt mit einer derartigen Deklaration, erklärte Bürgermeister Franz Dobsuch (SP).
Keine neuen Verbote
Welche Konsequenzen hat diese Charta nun konkret in der Praxis? Wird es künftig in Wirtshäusern neben Nichtraucherzonen auch beschallungsfreie Bereiche geben müssen? Oder wird in den Öffis das Radio abgedreht? Planungsstadtrat Klaus Luger (SP) versichert, es werde sicherlich keine "neuen Verbote" geben, es gehe um Bewusstseinsbildung. Die Stadt als Eigentümer von rund 30 Lokalen wolle etwa mit "ihren Wirten" besprechen, ob denn wirklich in jedem Speiserestaurant ständig Hintergrundsmusik laufen muss. "Unser Ziel ist zu sensibilisieren", erklärt der Stadtrat - auch im Magistrat. So würde man heute beispielsweise den Radiostationen nicht mehr jene Werbung durchgehen lassen, bei der in den Garnituren das Programm der werbenden Sender über Lautsprecher gespielt wird.
Mit besagter Sensibilisierung müsse laut Androsch bei den Kindern begonnen werden. In den Linzer Kindergärten und Schulen soll deshalb verstärkt Gehörerziehung betrieben werden. Nur wer eine Hörkomptenz entwickle, könne merken, wann Geräusche schmerzvoll oder belästigend wirken, sagt der Komponist. Auch in den Schulen selbst soll es ruhiger werden. Bei Neubauten oder Sanierungen will die Stadt künftig lärmdämmende Materialien einsetzen. Beim Umbau der Stelzhammerschule sei, so Luger, in der öffentlichen Ausschreibung dezidiert der Bereich Akustik angeführt worden. (Kerstin Scheller, DER STANDARD - Printausgabe, 23. Jänner 2008)