Medienanwalt Michael Pilz will nicht länger im ORF-Stiftungsrat sitzen. Er legte sein Mandat im Zug der Neubestellung der Regierungs- und Parteienvertreter nieder. Eine enstsprechende STANDARD-Meldung wurde nun bestätigt. Pilz saß seit 2001 gemeinsam mit Karl Krammer auf einem SPÖ-Ticket im obersten ORF-Gremium. Am Montag endete die Nominierungsfrist für die neuen Parteienvertreter - die SPÖ, die als stärkste Partei über zwei Sitze verfügt - stellte neben Krammer Werner Muhm von der Wiener Arbeiterkammer auf, sagte Marcin Kotlowski, Pressesprecher von Medienstaatssekretär Josef Ostermayer.

Pilz begründete seinen Entschluss in einem Schreiben an die Stiftungsräte hauptsächlich damit, dass er "zu oft den Eindruck hatte, kurzfristiger taktischer Terraingewinn steht bei einzelnen - fürwahr nicht unwesentlichen - Entscheidungen der Mitglieder des Stiftungsrats im Vordergrund". Die Ursache dafür liege vor allem in der Struktur des parteipolitisch beschickten Gremiums und sei "nur zum Teil subjektiv zu verantworten". Diese Entwicklung sei "fatal und es drohen die Interessen des ORF in einer schwierigen Zeit ernsthaft beschädigt zu werden", gab Pilz seinen ehemaligen Stiftungsratskollegen zu bedenken.

"Revanchegelüste hinter sich lassen"

Er riet den Räten, die sich im Stiftungsrat in sogenannten "Freundeskreisen" zusammentun, "Revanchegelüste ebenso wie zu enges fraktionelles Bündnisdenken hinter sich zu lassen, um auf breiter Basis gemeinsam den ORF für die Herausforderungen der allzu nahen Zukunft zu rüsten". Seiner Ansicht nach sei ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz in der Lage, die Zukunft erfolgreich zu gestalten - "aber nicht dann, wenn Streitigkeiten des Stiftungsrates ihn vor jeder Entscheidung überlegen lassen müssen, wie die erforderlichen Mehrheiten - letztlich: teuer - zu gewinnen sind".

Kritik an Struktur und Beschickung des Stiftungsrats war in letzter Zeit häufig zu hören. So konstatierte der Rechnungshof in seinem ORF-Prüfbericht, dass das Gremium mit 35 Mitgliedern zu "groß und unbeweglich" sei. Auch der Stiftungsratsvorsitzende Klaus Pekarek sprach sich für eine Zweiteilung des Gremiums aus und Staatssekretär Ostermayer will sich dem Thema "Struktur und Größe des Stiftungsrates" demnächst widmen. Für eine Umstrukturierung bedarf es allerdings einer Gesetzesänderung. Vorerst beschicken Parteien und Regierung das Gremium also wie bisher - die Nominierungsfrist für die neun Regierungsvertreter endet im Februar. (APA)