In den letzten Jahren hat sich Virtualbox zunehmend als freie Alternative zu den kommerziellen Lösungen von VMware und Parallels etabliert. Einst vor allem unter Linux erfolgreich, erfreut sich die Software mittlerweile gerade auch unter Mac OS X einer rasch zunehmenden Schar an AnhängerInnen.

Zahlen

Eine Steigerung des Bekanntheitsgrads, die sich durchaus auch an konkreten Zahlen festmachen lässt: Seit Oktober 2007 haben sich 2,5 Millionen BenutzerInnen der Software registriert, allein im letzten Quartal hat die Anzahl der Downloads um stolze 120 Prozent zugelegt.

Übernahme

Der ursprüngliche Hersteller, Innotek, wurde im Februar 2008 von Sun übernommen, die Softwareentwicklung ist freilich ungestört weitergelaufen. So hat man vor einigen Monate das Major Upgrade auf die Version 2.0 veröffentlicht, und damit auch zentrale Verbesserungen - wie ein neues Interface - eingeführt. Seit kurzem ist nun  bereits die Version 2.1.2 erhältlich, die im Folgenden etwas näher beleuchtet werden soll.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Verfügbar ist die Software für Windows, Linux, Mac OS X und Solaris, dabei werden sowohl 32- als auch 64-Bit-Systeme unterstützt. Als Gastsyteme wird eine ebenfalls äußerst breite Palette an Systemen unterstützt, neben den offiziell unterstützten Windows, Solaris und Linux-Varianten läuft in der Regel aber ohnehin so ziemlich jedes noch so exotische x86-Betriebssystem in einer virtuellen Maschine.

Apple

Eine Ausnahme bildet dabei - wie gewohnt - Mac OS X, das Apple-Betriebssystem unterstützt Virtualbox derzeit noch nicht. Legal wäre dies ohnehin nur mit dem OS X Server auf einem Mac OS X-Host möglich, alles andere verbietet die restriktive Lizenz des Herstellers.

Bits

Bei den anderen Systemen werden sowohl 32- als auch 64-Bit-Systeme als Gast unterstützt, letzteres freilich nur wenn die Host-Plattform auch einen 64-Bit-Prozessor besitzt. Besonders nett dabei ein experimentelles Feature: Wer will kann einen 64-Bit-Gast auch dann einsetzen, wenn der Host mit einem 32-Bit-Betriebsystem läuft - solange nur die CPU selbst 64-bittig funktioniert.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Deutlich offener als Apple gibt sich - zumindest im Virtualisierungsuniversum - die Windows-Welt: Von Windows 98 aufwärts wird so ziemlich alles offiziell unterstützt, das Microsoft einmal veröffentlicht hat. Dies inkludiert mit dem  dem aktuellen Update sogar bereits die erst wenige Wochen alte Beta von Windows 7.

Umbau

Die Einrichtung eines neuen Gastsystems funktioniert mit Virtualbox mittlerweile recht einfach. Mit der Version 2.0 hat man das Interface grundlegend umgekrempelt, die Portierung auf die Version 4 des Cross-Plattform-Toolkits QT hat man gleich genutzt um die Oberfläche etwas auszumüllen.

Flott

Entsprechend ist so eine virtuelle Maschine in wenigen recht einfachen Schritten fertig angelegt, allein das Einhängen einer virtuellen Festplatte ist gegenüber der Konkurrenz noch immer unnötig kompliziert gestaltet. Hier sind VMware und Parallels ein gutes Stück komfortabler, so identifizieren etwa aktuelle VMware-Releases Betriebssystem-CDs und ISOs selbsttätig und füllen die entsprechenden Parameter korrekt aus.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Etwas mühsam auch, dass ein ISO-File mit einem Betriebssystem-Image erst nachträglich manuell eingehängt werden muss. Allerdings muss auch gesagt werden, dass die entsprechenden Schritte schnell zu lernen sind und wohl schon beim zweiten Mal keine sonderliche Hürde mehr darstellen.

Disks

Und wenn wir schon beim Thema Konkurrenz sind: Virtualbox erlaubt das Importieren von virtuellen Maschinen anderer Hersteller. Die Disk-Formate von VMware (VMDK) und Microsoft (VHD) unterstützt man dabei nativ, ein Wechsel sollte hier also keine allzugroßen Herausforderungen herausstellen.

Boot Camp

Vermissen werden Mac-BenutzerInnen hingegen die Möglichkeit Boot Camp-Installationen von Windows zu verwenden, ein Feature das also derzeit noch der kommerziellen Konkurrenz vorbehalten bleibt

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bleiben wir beim Windows 7-Beispiel: Die Installation der aktuellen Testversion des Microsoft-Betriebssystems funktionierte tatsächlich reibungslos und auch erfreulich flott. Vor allem im Vergleich zu Vista schlug sich Windows 7 - subjektiv - mit dem zur Verfügung gestellten Speicher von 512 MB RAM wesentlich besser als sein Vorgänger.

Additions

Nach der Installation einer solchen virtuellen Umgebung empfiehlt sich die umgehende Einrichtung der "VirtualBox Guest Additions". Diese geben dem Gastsystem eine Reihe von speziellen Treibern an die Hand, die erst einige der fortgeschrittenen Möglichkeiten der Virtualisierungslösung ermöglichen.

Möglichkeiten

Dazu gehört etwa die automatische Anpassung der Auflösung des Gastsystems beim Verändern der Fenstergröße am Host oder auch der automatische des Mauszeigers zwischen Gast und Host. Die Guest Additions werden beim Aufruf des entsprechenden Menü-Eintrags automatisch im Gast-System eingehängt, auf der virtuellen CD finden sich dann die notwendigen Tools in Versionen für die unterschiedlichen Betriebssysteme.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Über die Einstellungen lassen sich eine Reihe von Rahmenbedingungen für die einzelnen virtuellen Maschinen festlegen. Dazu gehören etwa der zur Verfügung gestellte Speicher oder auch die Bildschirmauflösung oder die bereits erwähnte Verwaltung der Datenträger.

Auswahl

Eine Fülle von Optionen gibt es außerdem für so diverse Bereiche wie die USB-Einstellungen, Audio-Aufgaben oder auch die Netzwerkkonfiguration. Wer will darf die einzelnen virtuellen Maschinen sogar mittels Remote Desktop nach außen freigeben, über einen entsprechenden Client können diese dann also von einem anderen Rechner aus direkt angesprochen werden.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Bei der Hardwareunterstützung hat sich bei Virtualbox in den letzten Versionen ebenfalls so einiges getan. So unterstützt die Software mittlerweile Native CommandQueuing bei SATA-Platten, was der Performance durchaus zuträglich ist. Durch eine verbesserte NAT-Unterstützung geht außerdem der Netzwerktransfer mittlerweile deutlich flotter vonstatten.

Hardware

Virtualbox unterstützt bei all dem auch die Virtualisierungstechniken von AMD und Intel: Sowohl VT-x als auch AMD-V können genutzt werden, um virtuelle Maschinen hardwareseitig zu unterstützen, seit kurzem funktioniert dies nun auch unter Mac OS X.

Testweise

Wer gerne virtuelle Maschinen zum Testen verwendet, wird sich darüber freuen, dass auch Virtualbox einen eigenen Snapshot Manager besitzt. Mithilfe dessen kann die Software unterschiedliche Zustände des Systems "einfrieren" und später wieder gefahrlos zu diesen zurück kehren - optimal zum Experimentieren.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Wer die Illusion des Nebeneinanders mehrerer Betriebssysteme optimal genießen will, dem sei der Seamless-Modus ans Herz gelegt: Analog zu Parallels Coherence oder Unity von VMware können hier Fenster aus dem Gast-Betriebssystem "herausgelöst" und direkt am Host dargestellt werden.

Gäste

Zumindest in einer Frage geht hier Virtualbox sogar einen Schritt weiter als die Konkurrenz: Denn der Seamless-Modus funktioniert nicht nur mit Windows-Gästen sondern auch mit Linux und sogar Solaris.

Integration

In anderen Bereichen hat die Konkurrenz allerdings weiterhin die Nase vorne, etwa wenn es um die Integration des Gast-Menüs in die Host-Umgebung geht, Virtualbox stellt hier einfach das gesamte Panel dar. Bei VMware Fusion werden die entsprechenden Einträge einfach in das Mac-Menüsystem integriert, bei Parallels in das Dock.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Als experimentell bezeichnet man die die 3D-Unterstützung in Virtualbox, und dies durchaus zu recht. Beschränkt sich das Ganze derzeit doch noch auf OpenGL-Anwendungen in 32-Bit-Windows-XP-Gastystemen.

Ausblick

Entsprechend muss das erwähnte Feature auch noch nachträglich manuell für einzelne virtuelle Maschinen aktiviert werden. Für die Zukunft verspricht man hier Besserung, allen voran die Unterstützung von DirectX unter Windows-Gästen.

Source

Erwähnt sei auch, dass Virtualbox zwar zu großen Teilen aber eben nicht vollständig Open Source ist. So fehlen in der Open Source Edition unter anderem die USB-Anbindung, der Remote-Desktop-Support und der SATA-Controller. Diese gibt es nur bei der "normalen" Ausgabe, kostenlos ist freilich auch diese erhältlich.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Virtualbox wendet sich übrigens nicht nur an einzelne BenutzerInnen, Sun möchte die Software auch zunehmend im Unternehmensumfeld etablieren. Zu diesem Zweck bietet man kommerziellen Support für Großinstallationen an, die Preise reichen von 25-30 US-Dollar, je nach Anzahl der gekauften Lizenzen

Fazit

Alles in Allem präsentiert sich Virtualbox mittlerweile als zunehmend verlockende Alternative zur kommerziellen Konkurrenz von VMware und Parallels. Viele der Kanten und Ecken der früheren Versionen hat man mittlerweile beseitigt, ein Unterfangen von dem vor allem die Benutzbarkeit des Interfaces profitiert hat.

Schwierig

Einiger der fortgeschrittenen Features der Konkurrenz sucht man hier zwar derzeit noch vergebens - vor allem im Bereich der Integration zwischen Gast- und Host-System, trotzdem könnte es schon mittelfristig knapp für den kommerziellen Mitbewerb im Bereich Desktop-Virtualisierung für EndbenutzerInnen werden. Denn für viele wird das von Virtualbox gebotene vollkommen ausreichen, die Argumentation warum man für VMware oder Parallels zahlen soll, wird mit jedem Virtualbox-Update schwerer. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 25.01.2009)

Screenshot: Andreas Proschofsky