Inside Temelín: Auch in der Turbinen-halle gibt es Pannen. Am Freitag fiel eine Pumpe aus. Wenigstens ist das aber kein nuklearer Bereich. Es bestand keine Gefahr.

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Linz/Prag/Brüssel - Eines muss man Radko Pavlovec, dem Anti-Atom-Beauftragten des Landes Oberösterreich, lassen. Wenn es um Zwischenfälle im südböhmischen Atomkraftwerk Temelín geht, hat er stets einen kleinen Informationsvorsprung. Noch bevor Freitagmittag das heimische Umweltministerium neuerliche Proble- me in Temelín vermeldete, hatte Pavlovec schon in einer eigenen Aussendung mitgeteilt, dass der erste Reaktorblock heruntergefahren wurde. Die Bestätigung der tschechischen AKW-Betreiberfirma CEZ kam ebenfalls erst später.

Bei der Ursachenforschung dürfte Oberösterreichs Sprachrohr der Atomkraftgegner auf andere als die offiziellen Quellen setzen. Während AKW-Sprecher Marek Svitak als Grund für die Abschaltung einen Ausfall einer Zirkulationspumpe nannte, lenkte Pavlovec die Aufmerksamkeit auf die seiner Meinung nach kaputten Turbinen des Kraftwerks.

Probleme von außerhalb

Fest steht jedenfalls, dass die Probleme außerhalb des nuklearen Bereichs des Kraftwerks entstanden. "Daher hat der Zwischenfall auch keine Sicherheitsrelevanz", betonte Doris Ostermann, die Sprecherin von Umweltminister Nikolaus Berlakovich, auf Anfrage des Standard. Sie wies auch darauf hin, dass die AKW-Betreiber ihre Informationspflichten gegenüber Österreich erfüllt hätten. In Temelín hieß es, die Panne sei durch einen Fehler bei der geplanten Wartung der Pumpe verursacht worden. Das Kontrollsystem habe den Block daraufhin automatisch vom Netz genommen und abgeschaltet. Die Stromlieferungen aus dem ersten Block sollten noch Freitag wieder aufgenommen werden.

Der zweite Block lief ungestört. Radko Pavlovec behauptet, dass die Turbinen des AKWs "ungeprüfte Prototypen und offensichtlich am Ende sind". Im Vorjahr war es zu einer Beschädigung der Rotoren im Niederdruckteil der Turbine gekommen. Der Motor musste bei der Erzeugerfirma Skoda Power repariert werden. Block 1 stand daraufhin ein Zeitlang still, was auch gleich dafür genutzt wurde, die Ölzufuhr zu den Regelventilen durchzuchecken.

Die dringlichen Atomsorgen von Umweltminister Berlakovich liegen aber derzeit in Bulgarien: Denn trotz der Wiederaufnahme russischer Gaslieferungen hat das bulgarische Parlament am Freitag den Neustart von zwei Reaktoren im umstrittenen Atomkraftwerk Kosloduj beschlossen. Die Regierung wurde beauftragt, in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission das Anfahren der beiden 2007 abgeschalteten 440-Megawatt-Blöcke sowjetischer Bauart vorzubereiten. Die Entscheidung wurde mit der Gaskrise sowie der globalen Wirtschaftskrise begründet.

EU-Kommission abwartend

Österreich kündigte massiven Widerstand an. Es gelte das Gleiche wie für die Slowakei im Fall des AKWs Bohunice, betonte Berlakovich. "Die Schließungsvereinbarung ist im EU-Beitrittsvertrag verankert und nicht verhandelbar."

Die EU-Kommission äußerte sich am Freitag vorerst eher zurückhaltend. Kommissionssprecher Mark Gray sagte, dass die Hürden für die Inbetriebnahme der Reaktoren hoch seien. "Die bulgarische Regierung müsste dafür ernsthafte und andauernde Risiken für die Wirtschaft des Landes darlegen", so Gray. Daher stelle sich die Frage nach einem Verstoß gegen den EU-Beitrittsvertrag, sollten die Blöcke tatsächlich wieder hochgefahren werden. (APA, dpa, simo/DER STANDARD-Printausgabe, 24.1.2009)