Kitzbühel - Rosi Schipflinger liebt ihre Gäste. Das ist gut so, war aber zu Beginn dieses Winters ein Problem. Die Wirtin von der Bichlalm löste es salomonisch. Sie verzichtete auf ein großes Fest. "Ich hab nur 300 Plätze, hätte aber mindestens 900 Leute einladen müssen." Attribute wie "Legende" und "Instanz" verpflichten. Am 8. Dezember 2008 war es exakt 40 Jahre her, dass sie "Rosi's Sonnbergstuben" aufsperrte. "Wen hätte ich ausladen sollen? Caroline von Monaco, Niki Lauda?"
Die Fotogalerie an der Stuben-wand zeigt, dass die Liste derer, die Rosi Schipflinger noch nicht besucht haben, kürzer ist, als jene der bekannten Stammgäste. Ein Foto fehlt allerdings in der Galerie. Das erste. Das wichtigste. "Fürst Johannes von Thurn und Taxis war der erste Promi", sagt Rosi, "der kam ganz am Anfang. Und dann war er jeden Tag hier. Er sagte, das sei der schönste Platz der Welt. Ich habe das nicht verstanden."
Denn auch wenn sich die zweifache Großmutter heute ein Leben anderswo nicht vorstellen kann, musste die Liebe zum Standort erst wachsen. Wirtin, sagt Rosi, wollte sie immer werden. Oder Bäuerin. "Ich stamme aus einer Bergbauernfamilie." Doch als ihr der Vater den Grund vererbte, war da nichts, bis auf ein Bauverbot.
Rosi kämpfte zwei Jahre gegen Politik, Windmühlen und Männerbünde. Als sie dann bauen durfte, hörte sie von einem Osttiroler Hof, der abgerissen werden sollte, schickte ein paar Lkws hin. Sie jubelt heute noch, wenn sie die mehr als 200 Jahre alten Balken und Bohlen der Sonnbergstuben sieht. "Mittlerweile ist das Osttiroler Haus hier heimisch."
Was der Fürst so liebte
Längst hat Rosi verstanden, was der Fürst so liebte. Und was bald auch Toni Sailer mit seinen adeligen Gästen anlockte: "Der Blick und die Ruhe, die der Ort sogar im größten Trubel gibt." Denn ruhig ist es bei Rosi, die als Aloisia Rosemarie Koidl geboren wurde, eigentlich nicht. Dem Adel folgte betuchtes Fußvolk. Dann kam die Glitzerpresse. Ein Kreislauf entstand.
Am Abfahrtssamstag findet hier das mittlerweile natürlich legendäre Schnitzelessen statt. "Beim Stanglwirt ist die Weißwurstparty, das Schnitzelessen ist die augenzwinkernde, familiär-österreichische Antwort." Freilich: Für die Musik soll Uwe Ochsenknecht mit Sohn sorgen.
Und Rosi selbst. Seit Jack White, Hansi Hinterseers Produzent, sie in den 80er-Jahren entdeckte, kamen sechs volkstümliche CDs auf den Markt. Die siebente soll im Frühjahr folgen. "Ich mag alte Volksmusik lieber, aber da muss alles still sein. Das ist keine Stimmungsmusik. Außerdem ist das nur ein Hobby. Wie die Jagd."
Und für Hobbys, bedauert Rosi, habe sie zu wenig Zeit. Nach 40 Jahren dürfe man zwar ans Aufhören denken, aber es gibt ein Nachfolgeproblem. Sohn Fridolin betreibt eine internationale VIP-Cateringfirma mit 100 Mitarbeitern. Die Enkel, Zwillinge, sind erst zwei Jahre alt. Und da sind die Gäste. Die liebt Rosi Schipflinger: "Ich kann die Leute doch nicht allein lassen." (Thomas Rottenberg/DER STANDARD-Printausgabe, 24.1.2009)