Berlin - Im Internet ist eine Anschlagsdrohung für deutsche Großstädte aufgetaucht, die von Sicherheitsbehörden aber in Zweifel gezogen wird. Experten seien zu dem Schluss gekommen, "dass keine Veränderung der Gefährdungslage in Deutschland besteht", sagte Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) am Samstag am Rande einer Tagung der Berliner SPD-Fraktion im mecklenburgischen Göhren-Lebbin.
Nach Angaben des deutschen Innenministeriums war die mysteriöse Videobotschaft mit Drohungen gegen Berlin, Köln und Bremen auf der Internetplattform Youtube veröffentlicht, aber bereits am 12. Jänner wieder entfernt worden. Körting zufolge sind die Zweifel an der Echtheit dadurch begründet, dass die sonst üblichen Hinweise auf eine bestimmte Gruppe und ihre Symbole fehlten.
Experte: Al Kaida will Wahlen beeinflussen
Das Innenministerium erklärte: "Beide Videos fügen sich in unsere Bewertung ein, wonach die dschihadistische Propaganda gegen Deutschland eine neue Qualität erreicht hat. Deutschland wird in solchen Botschaften explizit bedroht, auch in deutscher Sprache und mit deutschen Inhalten." Zunehmend würden auch Botschaften von islamischen Extremisten, sogenannten Jihadisten, aus Deutschland verlesen.
Der Terrorismus-Experte Guido Steinberg von der Stiftung für Politik und Wissenschaft sieht die Gefahr von Anschlägen besonders vor der Bundestagswahl Ende September. "Man kann davon ausgehen, dass Al Kaida, wenn sie die Möglichkeiten dazu hat, in den nächsten Monaten deutsche Ziele angreifen wird, um die Wahlen zu beeinflussen, um die Debatte zu Afghanistan zu beeinflussen und damit möglicherweise einen Rückzug deutscher Truppen zu bewirken", sagte er dem ARD-"Bericht aus Berlin". Dies sei auch bei den Anschlägen von Madrid 2004 so gewesen.
Maschinengewehr-Salven und explodierende Granaten
Erst am vergangenen Wochenende war ein Video mit Warnungen ausschließlich an Deutschland aufgetaucht. Die Sicherheitsbehörden hatten es eindeutig Islamisten zugeordnet, weil darin ein ihnen bekannter Mann mit Zugang zu Führungskreisen des Terrornetzwerks Al Kaida auftritt.
In dem nunmehr bekanntgewordenen Film heißt es laut "Focus" auf eingeblendeten Texttafeln: "Wir werden eine Armee senden mitten in eure Stadt, besonders Berlin, Köln und Bremen." Im Hintergrund seien Maschinengewehr-Salven und explodierende Granaten zu hören. "Deutschland und vier andere Länder werden ab Februar '09 Probleme kriegen", heißt es demnach weiter.
Der Sprecher des Videos vom vergangenen Wochenende, der in Marokko geborene Bundesbürger Bekkay H., ist laut dem Hamburger Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden innerhalb von Al Kaida an führender Stelle mit Anschlagsplanungen betraut. An seinem mutmaßlichen Aufenthaltsort im halbautonomen nordpakistanischen Stammesgebiet Waziristan soll er unter dem Schutz eines örtlichen Kriegsherrn stehen. Ein Kommandant aus dessen Clan sagte dem Magazin, der Deutsche sei in fast alle größeren Anschlagsplanungen in der Region eingebunden.
H. soll vom derzeit in Koblenz vor Gericht stehenden Islamisten Aleem N. zu Al Kaida vermittelt worden sein, wie beide Magazine schrieben. Demnach sollen auch H.s zum Islam konvertierte Frau und sein kleiner Sohn Deutschland verlassen haben. (APA/dpa)