Zagreb/Ljubljana - Der kroatisch-slowenische Grenzstreit treibt immer heftigere Blüten. Am Wochenende mündete der seit Jahren schwelende Konflikt in einem Scharmützel zum Thema Vergangenheitsbewältigung. Ein Vertreter eines Ausschusses der zweiten Kammer des slowenischen Parlaments hatte erklärt, Kroatien müsse einmal seine Position zum faschistischen NDH-Staat zur Zeit des Zweiten Weltkriegs klären, schließlich habe das Land bis jetzt keine Entschädigungen an die damals geschädigten "Völker und Staaten" gezahlt. Zagreb wies diesen Vorwurf am Wochenende zurück.

Regierungssprecher Zlatko Mehun erklärte laut Nachrichtenagentur Hina, dass der kroatische Staat auf den Fundamenten des Antifaschismus gegründet worden sei. "Das ist bereits mehr als einmal unterstrichen worden", betonte Mehun in den Hauptnachrichten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens HRT. "Diejenigen, die irgendetwas anderes unterstellen wollen, leben in einer fernen Vergangenheit."

Seitens des slowenischen Parlamentsausschusses in Ljubljana (Laibach) hatte es hinsichtlich des "Unabhängigen Staates Kroatien" (NDH) unter dem faschistischen Ustascha-Regime während des Zweiten Weltkriegs (1941-45) geheißen, dass es dem modernen kroatischen Staat nicht gelungen sei, "in der richtigen Weise alle Aspekte der Schaffung, Existenz und des Zerfalls der erwähnten Entität" zu bewerten. Kroatien habe etwa keine Kriegsreparationen gezahlt oder sich bei Staaten, die durch den NDH geschädigt wurden, nicht entschuldigt.

Unter ihrem Führer Ante Pavelic hatte die 1929 gegründete Ustascha-Bewegung ("Aufstand") nach der Zerschlagung Jugoslawiens durch Nazi-Deutschland 1941 in Kroatien eine vierjährige Terrorherrschaft errichtet. Der faschistische "Unabhängige Staat Kroatien" (NDH) beging Gräueltaten und Massenmorde, insbesondere im KZ Jasenovac, an Serben, Juden, Roma und Kommunisten.

Slowenien und Kroatien streiten seit ihrer Loslösung von Jugoslawien im Jahr 1991 um die gemeinsame Grenze. Wie das Büro des kroatischen Premiers Ivo Sanader bestätigte, will der Regierungschef seinen Amtskollegen aus Ljubljana, Borut Pahor, am Rande der in Kroatien stattfindenden Handball Weltmeisterschaft - wohl noch vor der NATO-Abstimmung in Slowenien - treffen. Zuletzt hatte sich die EU-Kommission um Vermittlung bemüht. Die Rede war von der Bildung einer Kommission, der unter anderen Friedensnobelpreisträger Martti Ahtissari und der französische Ex-Justizminister Robert Badinter angehören sollen.

Der finnische Ex-Präsident Ahtisaari hatte im Dezember für den erfolgreichen Einsatz zur Beendigung von Krisen, Konflikten und Kriegen den Friedensnobelpreis in Empfang genommen. Als sein größter Erfolg gilt die Beendigung des Bürgerkrieges zwischen indonesischen Regierungstruppen und Separatisten in der Provinz Aceh 2005. Bei diesem Krieg waren mehr als 15.000 Menschen ums Leben gekommen. Auch bei der Unabhängigkeit Namibias von Südafrika 1990 spielte er eine große Rolle.

Ahtisaari hatte zwischen 2005 und 2007 auch im Streit um den Status der damaligen serbischen Provinz Kosovo vermittelt. Sein Konzept der "überwachten Unabhängigkeit" wird von Serbien weiterhin entschieden abgelehnt. Der Kosovo hatte im Februar 2008 seine Unabhängigkeit ausgerufen und wurde bisher von 54 der insgesamt 192 UNO-Staaten anerkannt, darunter auch von Österreich. In Österreich wurde Ahtisaari im Jahr 2000 zum Begriff, als ihn die EU-14 zum Leiter der "Drei Weisen" machten, die im Zusammenhang mit den Sanktionen der EU-14 nach Bildung der schwarz-blauen Regierung die innenpolitische Lage ausleuchteten.

Robert Badinter hatte Anfang der 1990er Jahre eine internationale Kommission geleitet, welche die Unabhängigkeit Sloweniens und Kroatiens völkerrechtlich "absegnete" und dabei auch die Grenzfragen eingehend erörterte. (APA)