Stefan Kocán (als Zacharias).

Foto: Grazer Oper

Graz - In der Grazer Neuproduktion von Giuseppe Verdis Nabucco merkt man die Absicht, aus der gängigen Opernroutine einmal gründlich auszuscheren - und ist letztlich verstimmt.

 

Intendant Jörg Koßdorff, der erstmals in einer Oper Regie führte, hat auch beim Bühnenbild Hand angelegt und gemeinsam mit Herbert Kapplmüller, der auch für die wenig attraktiven Kostüme verantwortlich zeichnete, den Opernbetrieb auf den Kopf gestellt: Das Orchester, das üblicher Weise in den Graben gehört, spielt in luftiger Höhe auf einer die ganze Bühnenbreite einnehmenden Riesenbalkon und fungiert die ganze Aufführung hindurch mangels anderer optischer Akzente als Eyecatcher, dessen man allerdings auch bald müde wird.

Der verlorene Posten

Neben dieser orchestralen Vollbesetzung in der Belle Etage sind die auf das Parterre verwiesenen Akteure sowieso auf verlorenem Posten. Und dies ist erst recht der im Souterrain mit gestischer Verlegenheit herumwuselnde Chor, der in dieser Oper nicht nur wegen des berüchtigten Gefangenenchores immerhin ein protagonistisches Kollektiv sein sollte.

Wer jemals in bei den Tiroler Festspielen in Erl war, der kennt den irritierenden Effekt, der dadurch entsteht, dass das Orchester über und hinter den Sängern positioniert ist. Warum man die Bedingungen eines bestens funktionierenden Opernhauses, wie Graz eines hat, auf ähnliche Weise mit Gewalt beeinträchtigt, bleibt unerfindlich. Denn nicht nur die Optik scheint gespiegelt, auch die Akustik ist es.

Das hat zur Folge, dass dem Besucher der Klang des von Johannes Fritzsch exakt geleiteten, doch diese Präzision nicht immer ganz realisierenden Orchesters vor allem an den Forte-Stellen lärmend in die Ohren gellt, als wäre in dieser Oper Verdis sich überwiegend auf einfache Begleitmuster beschränkende Symphonik das Wesentliche. Und dass sich bei Nabuccos Auftritten die Blechbläser mitunter zwischen den Chorsängern mühsam ihren Weg bahnen und gleichsam als Blaskapelle szenisch eingebunden werden, macht den grobschlächtigen Gesamteindruck auch nicht besser.

Unter derlei Bedingungen haben es die Sänger von Haus aus schon schwer, die Aufmerksamkeit musikalisch auf sich zu lenken. Dass ihnen dies überwiegend auf imponierende Weise gelingt, fordert Respekt. Solchen verdient vor allem Mlada Khudoley, langjähriges Mitglied des Mariinsky-Theaters in St. Petersburg, die als Abigail ihr bravouröses, vom Publikum lebhaft akklamiertes Grazer Debüt feierte.

Auch Katerina Jalavcová als ihre Gegenspielerin Fenena wartete mit dramatischen Mezzotönen auf. Unter den Herren überzeugte vor allem Stefan Kocán, der als Zacharias debütierte und der amerikanische Barion Mark Rucker in der Titelpartie. Teylan Memioglus Ismael klang freilich etwas dünn. (Peter Vujica, DER STANDARD/Printausgabe, 26.01.2009)